Nahtoderfahrungen und die Theorie vom „erweiterten Bewusstsein“

Was passiert, wenn wir sterben? Diese Frage fasziniert die Menschheit seit Jahrhunderten. Der niederländische Kardiologe Pim van Lommel hat sich intensiv mit Nahtoderfahrungen beschäftigt. Seine Forschung deutet darauf hin, dass unser Bewusstsein möglicherweise nicht an das Gehirn gebunden ist. Er spricht in seinem wichtigsten Buch vom „endlosen Bewusstsein“. Ein radikaler Gedanke, der das materialistische Weltbild infrage stellt. David Schuy fasst diese Sicht zusammen.

Nahtoderfahrungen – Ein Blick ins Jenseits?

Viele Menschen berichten nach einem Herzstillstand oder anderen lebensbedrohlichen Zuständen von außergewöhnlichen Erfahrungen: Sie sehen ihren eigenen Körper von außen, durchleben ihr gesamtes Leben in Sekundenbruchteilen oder haben das Gefühl, in eine andere Realität einzutauchen. Solche Nahtoderfahrungen wurden lange als Halluzinationen abgetan – doch Pim van Lommel sieht darin Hinweise auf ein nicht-lokales Bewusstsein.

Das erweiterte Bewusstsein – Jenseits des Gehirns

Van Lommel argumentiert, dass das Bewusstsein nicht allein im Gehirn entsteht, sondern unabhängig davon existieren kann. Er beruft sich dabei auf Berichte von Patienten, die während eines Herzstillstands – also in einem Zustand, in dem das Gehirn eigentlich nicht mehr aktiv sein sollte – detaillierte Erinnerungen an ihre Umgebung und ihre Erlebnisse haben. Dies widerspricht der Annahme, dass Bewusstsein nur durch neuronale Prozesse entsteht.

Stattdessen spricht van Lommel von einem „erweiterten Bewusstsein“, das über den physischen Körper hinausgeht. Er vergleicht es mit einem Radiosignal: Das Gehirn sei nicht der Ursprung des Bewusstseins, sondern eher ein Empfänger, der ein bereits vorhandenes Signal verarbeitet.

Die Global Workspace Theory und Bewusstsein

Eine der etablierten Theorien zur Erklärung des Bewusstseins ist die „Global Workspace Theory“ von Bernard Baars. Sie beschreibt das Bewusstsein als eine Art „Bühne“, auf der verschiedene Informationen aus dem Gehirn zusammengeführt und verarbeitet werden. Nach diesem Modell ist Bewusstsein das Ergebnis neuronaler Aktivität – also lokal an das Gehirn gebunden. Bewusstsein kommt laut der Global Workspace Theory dann zustande, wenn Informationen in diesem „globalen Arbeitsbereich“ integriert und global zur Verfügung gestellt werden.

Van Lommel widerspricht dieser Sichtweise nicht direkt, erweitert sie aber. Seiner Meinung nach gibt es nicht nur das „Wachbewusstsein“, das durch das Gehirn erzeugt wird, sondern auch ein nicht-lokales Bewusstsein, das unabhängig vom Körper existiert. Dieses Bewusstsein existiert jenseits von Zeit und Raum. Nahtoderfahrungen könnten Hinweise auf diese größere Realität sein.

Was bedeutet das für unser Verständnis vom Leben und Tod?

Wenn Bewusstsein nicht an das Gehirn gebunden ist, dann stellt sich eine grundlegende Frage: Hört es mit dem Tod wirklich auf? Van Lommel hält es für möglich, dass unser Bewusstsein auch nach dem physischen Tod weiterbesteht.

Seine Forschung eröffnet spannende neue Perspektiven. Vielleicht ist unser Bewusstsein mehr als nur ein Produkt biologischer Prozesse – vielleicht ist es Teil einer größeren, noch unerforschten Realität.

Eines ist sicher: Die Debatte über Bewusstsein, Leben und Tod wird weitergehen. Und vielleicht werden – oder haben sogar schon – Forschungen eines Tages beweisen, dass unser Geist mehr ist als nur eine Funktion unseres Gehirns.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert