Gemeinsam an der Schwelle zur Unendlichkeit | William Peters im Gespräch

Nach eigenen Erlebnissen im persönlichen Bereich und in der Hospizarbeit erforscht der US-amerikanische Psychotherapeut William Peters das Phänomen der „geteilten Todeserfahrung“, das manchmal auch als „empathische Nahtoderfahrung“ bezeichnet wird.

Peters ist auch Begründer des sogenannten „Shared Crossing Project“. Er hat mit seinem Team eine Reihe von Programmen entwickelt, die sich mit der Vorbereitung auf ein bewusstes Lebensende beschäftigen und die Auseinandersetzung mit dem Thema Leben nach dem Tod ermöglichen.

Sein Buch „At Heaven’s Door. What Shared Journeys to the Afterlife Teach Us About Dying Well and Living Better“ ist unter dem Titel „An der Schwelle zur Unendlichkeit“ auch in deutscher Sprache erschienen

Gemeinsam an der Schwelle zur Unendlichkeit | William Peters im Gespräch

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Guten Tag Dr. Peters. Sie befassen sich intensiv mit „geteilten Todeserfahrungen“ – das ist ein Begriff, über den, im Gegensatz zum Begriff „Nahtoderfahrung“ noch relativ wenig in der Öffentlichkeit bekannt ist. Wie würden Sie jemandem, der noch nie davon gehört hat, erklären, worum es sich handelt?

PETERS: Das ist eine gute Frage. Eine geteilte Todeserfahrung und eine Nahtoderfahrung sind phänomenologisch fast identisch. Wer also über Nahtoderfahrungen Bescheid weiß, hat auch ein gutes Verständnis für die Phänomene, die in der geteilten Todeserfahrung möglich sind. Ein wesentlicher Unterschied besteht natürlich darin, dass Nahtoderfahrene selbst mit dem Tod in Berührung kommen oder unter psychischem Stress stehen, der das Verlassen des Körpers auslöst. 

Bei der geteilten Todeserfahrung erhält ein Angehöriger einen Einblick in das, was der Sterbende typischerweise beim Übergang von dieser menschlichen Existenz in die ersten Stadien des Jenseits erlebt. Man kann von verschiedenen Graden der Erfahrung oder Teilhabe sprechen. Einige gehen tiefer in dem Sinne, dass jemand den Sterbenden tatsächlich auf seinem Weg begleitet. Er wird also Zeuge von Phänomenen, die wir in ähnlicher Form aus Nahtoderfahrungen kennen. 

Das häufigste Phänomen, von dem immer wieder berichtet wird, ist das Sehen von bereits Verstorbenen. Mehr als die Hälfte unserer Forschungsteilnehmer berichten, dass sie ihre verstorbenen Angehörigen im Jenseits gesehen haben und dass sie sahen, wie sie dort weitergingen. Das Weitergehen ist hier ein wichtiger Aspekt,  denn es geht ja um die Trennung. 

Manche Menschen fragen, ob geteilte Todeserfahrungen nicht mit Sterbebettvisionen oder jenseitigen Besuchern am Sterbebett gleichzusetzen sind. Die Nähe zum Tod ist ein entscheidender Faktor für geteilte Todeserfahrungen. Man muss nicht direkt zum Zeitpunkt des Todes anwesend sein, aber innerhalb von ein paar Stunden, maximal innerhalb eines Tages. Das ist nach unserer Beobachtung eine Voraussetzung für geteilte Todeserfahrungen. 

Aber was wir vor allem sehen, ist, dass Menschen, die so etwas erleben, von einer Reise berichten. Sie haben das Gefühl, dass sie ihre kürzlich verstorbene geliebte Person auf einer Reise begleiten oder diese Reise bezeugen sollen, und sie haben das Gefühl des Aufstiegs, der Bewegung. Sie sehen verstorbene Verwandte, oder auch erhabene spirituelle Wesen. Sie sehen himmlischen Gefilde. Sie haben das Gefühl einer Bewegung zum Licht hin. 

Licht ist oft das dominierende Merkmal von Nahtoderfahrungen, denn etwa drei Viertel aller Nahtoderfahrenen berichten von einem Licht, das als leuchtender Punkt erlebt wird, auf den sie sich zubewegen. In ähnlicher Weise dient das Licht bei geteilten Todeserfahrungen als Orientierungspunkt, auf den man sich zubewegt. Allerdings ist das Licht in der geteilten Todeserfahrung nicht so dominant wie in der Nahtoderfahrung. Nur in einem Viertel der Fälle wird davon berichtet. Das einmal als zusammenfassende Einführung, natürlich könnte ich viel mehr dazu sagen. 

Eine wichtiger Schlüssel für geteilte Todeserfahrungen ist die Beziehung, die Nähe und Intensität der Verbindung zwischen dem Sterbenden und der Person, die seinen Übergang miterlebt. Das scheint der Klebstoff oder die Brücke zu sein, die es einem pflegenden Angehörigen ermöglicht, den Übergang gemeinsam mit dem Sterbenden zu erleben.

Sie haben über 800 Fälle von geteilten Todeserfahrungen untersucht und dokumentiert. Sicher haben manche davon auch Sie selbst besonders fasziniert. Möchten Sie etwas über Ihre – sozusagen – „Lieblingsfälle“ erzählen?

PETERS: Ja, gern. Ich möchte vorausschicken, dass wir 250 geteilte Todeserfahrungen gründlich analysiert haben. Es gibt noch Hunderte weitere, die wir untersucht, aber noch nicht analysiert haben. Mit anderen Worten, wir haben sie noch nicht bestimmten inhaltlichen Aspekten zugeordnet. Das wird eine Weile dauern. 

Wir haben ein Team, das die Fälle durcharbeitet und inhaltlichen Kriterien zuordnet. Ich habe schon von Tausenden geteilten Todeserfahrungen gehört. Sie sind viel verbreiteter, als man denkt – zumindest in der modernen Welt. Ich würde sagen, das gilt sowohl für Nordamerika als auch für Europa, für die eher westlichen Länder. Ich möchte einen Fall schildern, der den Stand der Forschung repräsentiert. Schon sehr früh, ich würde sagen, vor mehr als einem Jahrzehnt, begann ich, mir solche Fälle anzusehen. Ich fragte mich: Worum handelt es sich dabei? Ich hatte mit Todesnähe bereits viel Erfahrung. Ich habe in einem Hospiz gearbeitet und dort viel erlebt. Dann habe ich angefangen, Vorträge über diese Erfahrungen zu halten. Die Leute kamen mit ihren Erlebnisschilderungen zu mir, und dann habe ich ein Forschungsprojekt begonnen.

Am Anfang wussten wir nicht – auch ich nicht –, welche Erlebnisse geteilte Todeserfahrungen umfassen. Was ist möglich? 

Die wichtigsten Aspekte habe ich bereits genannt, oder wenigstens einige davon. Aber ein Merkmal, das sich in den letzten vier oder fünf Jahren herauskristallisiert hat, hat meine besondere Aufmerksamkeit erregt. Wir wissen, dass es höhere Geistwesen gibt, die oft als Führer oder Wächter bezeichnet werden. Aber dann erfuhr ich von noch deutlich präsenteren Geistwesen. Diese Erscheinungen habe ich als Begleiter bezeichnet. 

Ich erfuhr von diesen besonderen Wesen, weil Angehörige berichteten, sie hätten eine Kraft gesehen oder gefühlt, die ihren geliebten Menschen über die Schwelle ins Jenseits begleitete. Ich begann mich mit meinem Team zu fragen, was wäre, wenn diese Begleiter die ganze Zeit da gewesen wären und wir in unserer Forschung nicht danach gefragt hätten? Denn in unserer Forschung führen wir offene, eher unstrukturierte Interviews. Also wollen wir die Leute nicht fragen: „Hey, war da ein Begleiter?“ Das würde ihnen ja eine bestimmte Richtung vorgeben. Aber wir überprüften unsere Fälle nochmals im Hinblick auf diesen Aspekt und stießen dabei auf einen Fall, der uns vor etwa einem Jahr zugetragen worden war. Es geht um eine Frau namens Gloria. Ich haben ihren Fall in meinem Buch nicht beschrieben, denn dieses basiert auf den ersten 167 Fällen, die wir bearbeitet haben. 

Gloria kam zu uns und erzählte uns ihre Geschichte: Ihr Mann starb an Krebs. Sie hatten ein Krankenbett im Wohnzimmer aufgestellt. Sie haben also ein Wohnzimmer, eine Küche, eine eher offene Wohnsituation, und Gloria stand ihrem Mann sehr nahe. Sie sprachen offen über den nahenden Tod, und ihr Mann sagte: „Ich möchte, dass du bei mir bist. Ich möchte, dass du mich beim Übergang begleitest. Ich möchte dir so viel wie möglich von dem zeigen, wohin ich gehe, vom Jenseits. Sie sprachen also sehr offen, explizit und sozusagen einladend darüber. Gloria war sich also sehr bewusst, dass ihr Mann sie bei diesem Übergang als Begleiterin bei sich haben wollte. Etwa vier oder fünf Tage vor dem Tod ihres Mannes befand sich Gloria in der Küche, die, wie gesagt, an das Wohnzimmer angrenzt, in dem das Bett steht. Und sie sieht ein großes Lichtwesen, das genau an der Grenze zwischen Küche und Wohnzimmer erscheint. Es erscheint – sie spricht dabei von einem „Er“ – genau zwischen ihr und ihrem Mann. Und sie beschrieb dieses Wesen wie folgt: Es strahlt ein Licht aus, hat einen silhouettenhaften Körper, der irgendwie menschlich ist, aber keine auffallenden Gliedmaßen, also keine Arme und keine Beine. Eine Art Engel, wenn man es so ausdrücken will, rundlich. Er hatte kein klares Gesicht, aber er war hell. Gloria erzählte auch, dass er sehr groß war. Wenn er sich bewegte, schien er durch die Oberkante des Türpfostens zu gehen, der normalerweise über 2 Meter hoch ist. Er war durchsichtig. Sie nannte ihn „den Großen“. Sie interpretierte seine Anwesenheit so, dass er ihren Mann auf seine Reise vorbereiten, ihn dabei beschützen und auch mit ihr in bestimmter Weise interagieren sollte. Sie sagte, sie sei in den letzten Tagen seines Lebens am Krankenbett ihres Mannes gesessen, bis „der Große“ plötzlich präsent war. Sie habe seine Gegenwart gespürt, dann habe sie das Bewusstsein verloren und sei eingeschlafen. Sie fand das etwas seltsam, weil sie ja versuchte, für ihren Mann da zu sein, aber es sei gewesen, als habe man ihr eine Droge verabreicht, um sie in Schlaf zu versetzen. Später bemerkte sie, dass sie, immer wenn es wichtig war, unmittelbar wieder aufwachte, um für ihren Mann da zu sein. Rückblickend kam sie zum Schluss, dass „der Große“ in diesem Prozess nicht ihren Mann, sondern sie geführt hat, dass er ihr den Schlaf ermöglichte, den sie brauchte, um zur richtigen Zeit für ihren Mann da zu sein. Schließlich, in den letzten Stunden, habe „der Große“ sie geweckt, so dass sie bewusst war. Und dann sah sie sehr bald, wie ihr Mann aufwärts wirbelte, wie sich der Schleier öffnete und „der Große“ ihren Mann begleitete. Ihr war es gestattet, dieses Geschehen voll bewusst zu beobachten. So ist das Wirken eines Begleiters, und ich kenn eine Reihe ähnlicher Fälle.

Wir gehen davon aus, dass es in 20 bis 50 Prozent unserer Fälle einen solchen Begleiter gibt. Aber wie gesagt, es ist wichtig, dieses Wesen zu erkennen: Manchmal sieht man es nicht, nur seine Anwesenheit ist spürbar. Wer werden in dieser Richtung künftig noch viel weiter forschen. Und der Grund dafür ist, dass ich als Psychotherapeut, der sich mit dem Lebensende beschäftigt und Menschen am Lebensende, aber auch in der Trauer und bei Verlusten hilft, diesen Punkt für sehr wichtig einschätze. Denn was wäre, wenn wir als Begleiter geliebter Menschen die Fähigkeit entwickeln könnten, uns mit dem Begleiter zu verbinden, uns mit ihm abzustimmen und im Wesentlichen mit ihm zusammenzuarbeiten, um unseren sterbenden Angehörigen das bestmögliche Lebensende, den anmutigsten, bewusstesten und liebevollsten Übergang zu ermöglichen? Gloria gibt uns den Nordstern für das, was möglich ist. Und was man über Gloria wissen muss, ist, dass sie davor keine Ahnung hatte, dass so etwas überhaupt möglich ist. Was wäre also, wenn wir besser informiert und bewusster wären und eine Art Beziehung zu diesem Begleiter entwickeln könnten? Das erscheint jetzt vielleicht sehr weit hergeholt, aber ich forsche nun schon mehr als ein Jahrzehnt in diesem Bereich und habe dabei viele Entwicklungen mit verfolgt. Mit den richtigen Fragen können wir die Dimensionen der geteilten Todeserlebnisse immer besser erforschen. Ich glaube daher, dass es möglich ist. 

Sie sagen, dass es üblich ist, dass einige Lichtwesen da sind, um zu helfen. Stimmen die Beschreibungen dieser Wesen überein oder gibt es dabei Unterschiede? 

PETERS: In unseren Forschungen haben wir zunächst herausgefunden, dass 17 Prozent der Wesen, die in geteilten Todeserfahrungen erscheinen, als „höhere Wesen“ beschrieben werden. Sie haben keinen physischen Körper, aber das heißt nicht, dass sie körperlos sind. Sie haben keinen menschlichen Körper. Sie erscheinen als Lichtwesen. Manchmal haben diese Lichtwesen menschliche Form, aber typischerweise ohne Arme. Sie werden mit langen, weißen, leuchtenden Gewändern beschrieben. Manchmal als Engel. Von Engeln ist oft die Rede. Der Grund dafür ist, dass manchmal Flügel gesehen werden. 

Ich möchte von einem faszinierenden Fall berichten. Er betrifft Angela aus Großbritannien. Sie beschrieb den Tod ihrer Schwiegermutter: Sie schaute in den Raum und sah zwei Lichtwesen, beide erschienen wie Engel, einer war groß, der andere kleiner. Das kleinere schien etwas nervös zu sein und versuchte irgendwie von dem zu lernen, was das große Lichtwesen tat. Angela beschrieb, dass dieses Wesen Flügel hatte und den Geist ihrer sterbenden Schwiegermutter aus ihrem physischen Körper herauszog. Sie erzählte, dass sie das transparente Abbild ihrer Schwiegermutter sah, den seelisch-geistigen Körper, wie er aus dem Scheitel aufstieg und sich nach oben bewegte, aber in seinen Bewegungen auf den große Engel reagierte, der ihn mit seinen Flügeln herauszog. 

Es gibt also Engel, die ziemlich eindeutig als solche erkannt werden. Natürlich entspricht ein solches Wesen dem Begleiter, es ist nur eine andere Darstellung. Es werden auch erhabenen Wesen beschrieben. 

Manchmal gibt es Gruppen, wie in dieser Situation mit Angela: ein großes Wesen und ein kleines Wesen. Manchmal sehen wir in etwa das, was man als Rat könnte. Es ist, als gäbe es einen Rat der Ältesten. Die Wesen sie sind typischerweise groß, schlank, leicht, und sie strahlen ein Gefühl von Ruhe und Weisheit aus. 

In den Beschreibungen ist nicht so sehr von Liebe die Rede, sondern von Erhabenheit, dass diese Wesen alles wissen, dass sie mächtig und weise sind. 

Ebenso werden weibliche Wesen beschrieben, etwa in einem Fall aus Großbritannien, der sich etwas außerhalb von London zutrug. Amelias 13-jähriger Sohn lag im Sterben, er litt an Krebs, und im Moment seines Todes erschien diese – sie nannte es so – wunderschöne Dame, elegant und königlich. Sie schien zu tanzen, bewegte sich anmutig und war von Liebe und Fürsorge erfüllt, aber auch zielstrebig. Sie war bewusst mit einer bestimmten Absicht gekommen. Als Amelia zu diesem Zeitpunkt plötzlich aufwachte, als ihr Sohn starb, wusste sie sofort, dass diese schöne Frau gekommen war, um ihren Sohn Tom ins Jenseits zu führen. Das war sehr tröstlich für sie. 

Insgesamt kommt es in 17 Prozent der Fälle vor, dass Engel gesehen werden. In 13 Prozent der von uns untersuchten Fälle wird von verstorbenen Verwandten berichtet. Diese können auf unterschiedliche Weise wahrgenommen werden. Meistens werden sie auf Grund irgendeiner Eigenschaft erkannt, so dass die Person klar weiß: das ist meine tote Mutter, mein toter Großvater, mein verstorbenes Geschwisterchen. Die Verstorbenen erscheinen dabei oft jünger und gesünder. Woran auch immer sie gestorben sind, von ihren Erkrankungen ist nichts mehr zu sehen. Sie erscheinen vielmehr wie auf dem Höhepunkt ihrer Schönheit im irdischen Leben und sind so für jemanden, der eine geteilte Todeserfahrung erlebt, gut erkennbar. 

Auch diese Verstorbenen können manchmal als Begleiter fungieren. Es gibt ein paar Beschreibungen, die in diese Richtung weisen, wenn auch nicht viele. Etwa diesen Fall aus Kalifornien: Eine Frau lag im Sterben, ihre Tochter Elizabeth war an ihrem Bett und erzählte später: „Ich sah diese majestätische Gestalt auf den Körper meiner Mutter herabsteigen. Sie war groß, erschien fast militärisch, wie ein Marineadmiral, die Gestalt hatte eine Art Uniform an, handelte sehr überlegt, sehr bewusst.“ Dieses Verhalten ist typisch für ein Wesen, das ich als Begleiter beschreibe. Später erzählte die Frau: „Ich denke, es könnte mein Onkel gewesen sein, der Bruder meiner Mutter. Er war ein starker, durchsetzungsfähiger Mann, der in der britischen Marine gedient hatte, großes Ansehen hatte und Weisheit und Macht besaß.“ 

Auf so unterschiedliche Art und Weise erscheinen also Wesenheiten den Menschen in geteilten Todeserfahrungen.

Möglicherweise liegt der Grund dafür, warum diese Wesen nicht immer sichtbar erscheinen, darin, dass viele Menschen Angst vor ihnen hätten. Deshalb kommt es vielleicht häufig lediglich zum Gefühl einer Präsenz …

PETERS: Das ist eine guter Hinweis, denn ja, solche Erscheinungen können tatsächlich Ängste auslösen. Das wird manchmal auch ganz konkret befürchtet. Ich wurde auch schon gefragt, wie wahrscheinlich es ist, dass Menschen, die solche Wesenheiten sehen und spüren, aus Angst wieder schnell in ihren physischen Körper zurückkehren, wodurch dann die Möglichkeit, eine geteilte Todeserfahrung zu machen, nicht mehr gegeben wäre. Denn man muss die Fähigkeit haben, in dieser Dimension zu bleiben. Man muss auf diesen Bereich eingestimmt, mit ihm verbunden und dort stabil sein. Ich glaube, es passiert ziemlich oft, dass sich Ängste entwickeln. 

Wenn ich mit Menschen arbeite, also eine Gruppe leite und im Unterricht beschreibe, dass es möglich ist, den Begleiter zu sehen, hebt fast immer jemand die Hand und erzählt etwas, zum Beispiel: Als meine Mutter im Sterben lag, spürte ich, wie ein Geist im Raum auftauchte. Ich bekam Angst und ging weg. Oder: Ich sprang von meinem Sitz auf. Wenn etwas energetisch so Erschütterndes geschieht, kann jemand seine Verbindung mit dieser Dimension tatsächlich verlieren. 

Ich würde gerne noch ausführlicher über ein Phänomen sprechen, das wir bereits angeschnitten haben: Die Seele verlässt den Körper. Sie haben in Ihrem Buch auch darüber geschrieben. Wie oft kommt es vor, dass jemand miterlebt, wie die Seele, der Astralkörper, wie auch immer Sie es nennen wollen, den physischen Körper verlässt? 

PETERS: Das ist in mindestens 15 Prozent aller Fälle so. Der Grund, warum ich „mindestens“ sage, ist, dass das wirklich das Minimum ist. Denn es gibt dabei einen Haken. Wenn man die Gesamtheit unserer Untersuchungen bis heute betrachtet, so zeigt sich, dass etwa zwei Drittel der geteilten Todeserfahrungen in örtlicher Entfernung stattfanden. Das heißt, sie fanden nicht direkt am Sterbebett statt. Dort ereigneten sich nur etwa 34 % bis 36 % aller dokumentierten Fälle. Und nur in diesen Fällen war der Erlebende im Zimmer und in der Lage, den Sterbenden direkt zu beobachten. In 15 Prozent aller Fälle wurde demnach miterlebt, wie der Geist den Körper verlässt. Das könnte bedeuten, dass etwa bei jeder zweiten geteilten Todeserfahrung an einem Sterbebett, vielleicht bei 40 Prozent, beobachtet wird, wie der Geist – oder etwas – den Körper verlässt. 

Wie sieht dieses Etwas nun aus? Hierzu gibt es verschiedene Beobachtungen. Manchmal wird eine durchscheinende Nachbildung des Sterbenden gesehen, die entweder aus dem Herzen, dem dritten Auge oder dem Scheitel aufsteigt. Manchmal hebt es sich horizontal ab, manchmal scheint es sich eher vertikal nach oben zu bewegen. Manchmal wird eine Art Membrane beobachtet, die weniger körperlich geformt, vielleicht eher kreisförmig ist und sich irgendwie erhebt. Die Menschen beschreiben etwas, das sich nach oben bewegt. Auch wenn es keine beschreibbare Form hat, ist ihnen bewusst, worum es sich handelt. Mitunter wird es als leicht oder glitzernd beschrieben, manchmal als Art Gespenst, oder wie Dampf, der an einem kalten Morgen vom Fluss aufsteigt. Sie beschreiben Dampf, der die Form eines Menschen annimmt. Es gibt also unterschiedliche Beschreibungen, aber alle, die eine geteilte Todeserfahrung erleben, sagen einheitlich: „Ich habe gesehen, gefühlt, gespürt, wie der Geist, die Seele, das Bewusstsein meines geliebten Menschen aus seinem Körper aufgestiegen ist und sich erhoben hat.“ 

Manchmal geschieht es, dass der unmittelbare Aufstieg zunächst an der Decke des Raumes zu enden scheint. Wir kennen viele Berichte, in denen dieser Geist, der jetzt, wenn Sie so wollen, außerhalb des Körpers erscheint, sich an der Decke nochmals umdreht. Es kommt dann zu einer Interaktion zwischen der Person, die den Tod miterlebt, also dem geliebten Menschen, und dem Sterbenden in der körperlosen Gestalt der Seele oder des Geistes, die aber immer noch in diesem Raum stattfindet. Zum Beispiel wird berichtet: „Ich erlebte, dass mein verstorbener geliebter Mensch mit mir kommunizierte. Er sagte mir, dass es ihm gut gehe, dass er Liebe erfahre, dass er so glücklich sei, den Körper hinter sich zu lassen, dass er eine Euphorie erlebe.“

Es gibt einen diesbezüglich besonders beeindruckenden Fall, den von Sally Light: Sie war am Sterbebett ihrer Mutter und erlebte, dass sich ihre Seele wie eine Membrane an der Wand hochbewegte, dann aber anhielt, um Sally mit Liebe zu überfluten. Sally spürte, wie die Liebe aus ihrer Mutter in sie hinein strömte, und sie sagte zu ihr: „Du hattest recht, wir überleben den körperlichen Tod, und das ist schön und wunderbar. Ich liebe dich und danke dir, dass du dich um mich gekümmert hast.“ Dann war sie weg. 

Wir beobachten auch, dass es eine Art Verbindung gibt zwischen dem, was jemand bei der Trennung des Geistes vom Körper erlebt, und dem, was in weiterer Folge passiert. Oft entsteht eine bedeutungsvolle Kommunikation. 

Können Sie abschätzen, wie viele der Menschen, die eine geteilte Todeserfahrung erlebt haben, davor bereits spirituell orientiert waren? Wie viele von ihnen gingen davon aus, dass solche Dinge existieren können? Und ist diese spirituelle Orientierung eine Voraussetzung für solche Erfahrungen? 

PETERS: Bis zur Veröffentlichung unserer Studie im „American Journal of Hospice and Palliative Medicine“ sowie im „Omega, Journal of Death and Dying“ und später natürlich in meinem Buch, das 2022 publiziert wurde, hatte niemand eine Ahnung von diesen Phänomenen. Keine der 167 Personen, die in unserer ersten Forschungsrunde von ihren Erlebnissen berichteten, war davor mit diesen Phänomenen vertraut. Glaubten sie an ein Leben nach dem Tod? An ein Fortbestehen des Bewusstseins über den Tod hinaus? Das ist eine gute Frage. Ich wünschte, wir hätten ihnen diese Frage gestellt! 

Was wir in unseren Interviews jedoch gefragt haben, war: „Wie haben diese Erlebnisse Ihre Sicht auf den Tod und auf das Sterben verändert?“ Die überwiegende Mehrheit, 80 bis 90 Prozent, gab an, sie wäre nun davon überzeugt, dass der Mensch den physische Tod überlebe und mit seinen Angehörigen in einem Leben nach dem Tod wieder vereint sein würde. Das wissen wir also. 

Und zu Ihrer Frage nach der Spiritualität passt vielleicht auch noch etwas: Wir haben herausgefunden, dass etwa zwei Drittel der von uns Befragten, die eine geteilte Todeserfahrung gemacht haben, in irgend einer Art und Weise etwas praktizieren, das der Achtsamkeit dient. Ich meine damit Gebet, Meditation, Yoga, Tai Chi oder auch regelmäßige Spaziergänge in der Natur. 

Allerdings bleibt die Frage offen, ob sie diese Praktiken schon vor ihrer Erfahrung gepflegt oder ob sie erst danach damit begonnen haben. Eine geteilte Todeserfahrung geht sehr tief. Es kann sein, dass die Menschen schon vorher eine spirituelle Orientierung hatten, die danach aber stärker wurde. Nach den Maßstäben einer strengen wissenschaftlichen Forschung ist die Frage aber nicht eindeutig zu beantworten. Wir sind also vorsichtig mit unseren Behauptungen. Aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass von den 167 Personen, die wir befragt haben, nur eine Handvoll etwas Relevantes über geteilte Todeserfahrungen gewusst hat. Manche haben natürlich durch meine öffentlichen Vorträge, die ich gehalten habe, von dem Thema gehört. Sie haben mich dann, weil dadurch ihre Erinnerung an diese Erfahrung geweckt worden war, angerufen, sodass wir sie befragen konnten.

Sie beschreiben in ihrem Buch auch verschiedenen Arten von geteilten Todeserfahrungen. Welche Arten oder gemeinsamen Muster gibt es? 

PETERS: Eine allgemeine Unterscheidung, die ich bereits ein wenig erläutert habe, betrifft den Ort: Ein Drittel der geteilten Todeserfahrungen findet am Sterbebett statt, etwa zwei Drittel werden aus der Ferne erlebt. 

Es gibt auch zeitliche Unterschiede, nach denen man Unterkategorien definieren kann. Etwa 9 Prozent der geteilten Erfahrungen finden kurz vor dem eigentlichen Todeszeitpunkt statt, manchmal nur wenige Augenblicke, manchmal Stunden, in sehr wenigen Fällen sogar bis zu einen Tag vorher. Ungefähr 14 Prozent ereignen sich einige Minuten oder Stunden nach dem Tod des geliebten Menschen, manchmal auch noch länger nach dem eigentlichen Todeszeitpunkt, bis zu ein oder zwei Tage später. Das sind also 23 Prozent. Fast ein Viertel der Erlebnisse tritt nicht genau zum Zeitpunkt des medizinisch festgestellten Todes ein, also beim Erlöschen der Herz- und Hirnströme. 

Es gibt aber auch geteilte Todeserfahrungen, die sich allmählich und mit Unterbrechungen entwickeln, also über einen längeren Zeitraum hinziehen. Man befindet sich dabei in einem veränderten Bewusstseinszustand, in dem man vielleicht ein himmlisches Reich erlebt, oder einen Lebensrückblick, oder man kommuniziert mit dem Begleiter oder anderen höheren Wesen. Solche Erlebnisse können sich spontan entwickeln und dann wieder abrupt zu Ende gehen, um zu einem späteren Zeitpunkt doch wieder eine Fortsetzung zu finden. Bei dieser Art von geteilten Todeserfahrungen erfährt man also eine überirdische Dimension, kehrt dann für eine Weile wieder in das Alltagsleben zurück, erlebt später aber erneut diese Dimension. Etwa 4 oder 5 Prozent der geteilten Todeserfahrungen spielen sich auf diese Art und Weise ab. So etwas kommt also nicht häufig vor, aber auch nicht außerordentlich selten.

Als mein Vater starb, hatte ich selbst ein solches Erlebnis. Etwa 20 Minuten vor dem eigentlichen Todeszeitpunkt sah ich meine verstorbene Großmutter, meine verstorbene Tante und meinen verstorbenen Großvater, und dann spürte und fühlte ich den Begleiter meines Vaters. Zu dem Zeitpunkt, als mein Vater starb, wurde es dann irgendwie unruhig und ich wurde aus diesem Zustand herausgerissen. Ich hatte meine Augen geschlossen, fühlte mit meiner Hand seinen Puls. Und als dieser aufhörte, öffnete ich die Augen und sagte: „Ich glaube, er ist gestorben.“ Meine Geschwister und meine Mutter, die ebenfalls an seinem Sterbebett waren, verließen danach bald den Raum und bekräftigten, dass er nun tot sei. Aber ich blieb bei der Leiche meines Vaters, bis die Bestatter kamen, um ihn abzuholen. Ungefähr 40 Minuten nach dem Körper seines Körpers sprach ich mit ihm – so, als ob er da wäre. Ich betete, wünschte ihm alles Gute, und dann erlebte ich plötzlich einen Lebensrückblick. Ich fand mich in einer anderen Dimension und sah unser gesamtes gemeinsames Leben. Nicht jedes Detail davon, aber viele Episoden, einerseits solche, an die ich mich erinnerte, aber auch andere, an die ich mich nicht erinnern konnte. Ich könnte also sagen, dass einiges davon aus meinem Gedächtnis stammte. Aber von manchen Gegebenheiten hatte ich keine Ahnung. Ich hatte keine Erinnerung daran, konnte sie aber dennoch zuordnen, ich wusste den Zeitrahmen. Ich hatte das Gefühl, dass mir diese Einblicke in unser gemeinsames Leben entweder mein Vater gab oder vielleicht der Begleiter. Oder es war irgendeine andere wohlwollende Kraft, die mir diese Bilder, diese „Filmschnipsel“, wenn man so will, unseres Lebens gezeigt hat. Eine solche geteilte Todeserfahrung, wie ich sie mit meinem Vater hatte, gehört also zum Typus der schrittweise sich nach und nach entwickelnden Erfahrungen. 

Eine andere Kategorie kann man als multipersonale Erfahrung bezeichnen. Das bedeutet, dass mehr als eine Person in die geteilte Todeserfahrung mit einbezogen ist. Es kommt vor, dass jemand im Sterben liegt, drei oder vier geliebte Menschen an seinem Bett sind, und von ihnen mehr als nur eine Person die geteilte Todeserfahrung erlebt. Dabei zeigt sich, dass die Beteiligten manches ähnlich erleben, dass aber gleichzeitig auch unterschiedliche Aspekte und Erfahrungen beschrieben werden. 

Beispielsweise kann einer der Angehörigen einen verstorbenen Verwandten sehen, während der andere einen Lebensrückblick hat. Oder jemand sagt: „Ich habe das Licht in der Ferne gesehen und wie Papa darauf zuging.“ Aber sie alle sagen einheitlich: „Ich habe die Energie gespürt“. Das war das Gemeinsame, Wichtige – ein energetisches Gefühl. Alle waren von erhabenen Empfindungen erfüllt, alle spürten eine starke Energie, ein Gefühl der Zugehörigkeit, der Verbundenheit, die Präsenz einer anderen Welt. 

Das ist dann auch der Punkt, an dem es sprachlich schwierig wird. Aber dieses Merkmal – die erhabenen Empfindungen, die Gegenwart von etwas Jenseitigem, Unaussprechlichem – wurde in etwa 36 bis 38 Prozent unserer Fälle erwähnt. 

Ich habe vor allem deshalb verschiedene Typen von Erfahrungen beschrieben, weil ich Menschen, die selbst so etwas erlebt haben oder sich mit geteilten Todeserfahrungen beschäftigen, dabei helfen wollte, das Erlebte einzuordnen. 

Nach der Art der Beteiligung kann man vier Typen unterscheiden, wobei diese einander nicht ausschließen. Eine Erfahrung kann also mehr als nur einen Typus umfassen. 

Die einfachste Form einer geteilten Todeserfahrung ist das „Spüren auf Distanz“. Sie befinden sich also nicht direkt am Sterbebett, sondern nehmen diese Phänomene aus der Ferne wahr. Sie können Ihren geliebten Menschen deutlich fühlen oder spüren. Sie können starke empathische Gefühle entwickeln. Allerdings erleben Sie seinen Tod und damit verbundene Phänomene nicht direkt mit. Sie sehen also nichts, aber Sie haben starke Empfindungen, die Sie davon überzeugen, dass hier etwas vor sich geht. In der Regel ereignet sich dieses „Spüren auf Distanz“ entweder direkt zum Zeitpunkt des Todes Ihres geliebten Menschen oder kurz danach. 

Die zweite Form einer geteilten Todeserfahrung macht Sie selbst zum Zeugen oder Beobachter jener Todesnähe-Phänomene, über die wir bereits gesprochen haben: Das Erleben himmlischer Reiche, das Schauen erhabener Geistwesen, das Treffen geliebter Menschen, die bereits verstorben sind, das Tunnelerleben, die Bewegung zum Licht und so weiter. Das „Bezeugen oder Beobachten“ von Todesnähe-Phänomenen gehört zur zweiten Erfahrungs-Kategorie. 

Die dritte, noch intensivere Form der Beteiligung ist das „Begleiten des Sterbenden“. Das heißt, Sie begeben sich tatsächlich mit dem geliebten Menschen auf eine gemeinsame Reise und schreiten voran. Sie erleben die gleichen Phänomene wie in der zweiten Kategorie, aber anstatt sie nur von einer statischen Position aus zu beobachten, bewegen Sie sich und erleben sie gemeinsam mit dem Sterbenden. 

Die vierte und am wenigsten verbreitete Form nennen wir „Assistieren und Leiten“. Menschen, die diese Erfahrung machen, berichten davon, dass sie das Gefühl hatten, gerufen worden zu sein, um dem geliebten sterbenden Menschen bei seinem Übergang beizustehen oder ihn zu führen. Wir konnten so etwas in etwa sechs Prozent der uns bekannten Fälle dokumentieren. Und wenn sich so etwas ereignet, dann geht dieses Erlebnis besonders tief.

Ich denke an ein Beispiel, das mir besonders eindrucksvoll in Erinnerung geblieben ist: Mark war in New Jersey, das liegt außerhalb von New York, an der Ostküste der Vereinigten Staaten. Er hatte gerade eine einwöchige Schulung in Outdoor-Pädagogik hinter sich, hatte dabei unterrichtet und war erschöpft. Er fuhr also zurück zu seinem Haus auf dem Land und saß auf dem Beifahrersitz eines Autos. Sein Kumpel saß am Steuer. Eine interessante Situation, denn wenn man müde auf dem Beifahrersitz unterwegs ist ohne selbst zu lenken, ist man besonders offen, der Geist kommt leichter in eine Art Flow-Zustand mit erhöhter Sensibilität. Marks Vater lag zu diesem Zeitpunkt in einem Krankenhaus in Kanada im Sterben, aber davon konnte Mark nichts wissen. Er wusste lediglich, dass er im Spital war, aber nicht, wie nah sein Vater bereits dem Tod ist. 

Mark berichtete, dass er sich – physisch auf dem Beifahrersitz des Autos – innerlich plötzlich in einer anderen Dimension befand, gemeinsam mit seinem Vater. Und dass dieser verwirrt reagierte, als er ihn, Mark, dort auftauchen sah. In dem Moment wird Mark klar, dass sein Vater gestorben ist. Denn er ist mit ihm in jener Dimension. Er sagt: „Dad, ich sehe, dass du verwirrt bist. Du bist gestorben!“ Und er antwortet: „Das ist es wohl, was passiert ist.“ Mark sagt: „Ich kann dir helfen. Du musst dich umdrehen und zum Licht gehen.“ Sein Vater fragt: „Und wie?“ Mark hebt daraufhin seinen Vater auf, um ihn zu tragen. Er beschrieb, wie er seinen Vater trug, der ihm federleicht erschien, obwohl er ein großer Mann war. Er hob ihn auf und trug ihn nach oben. 

Auch hier finden wir, wie oft, den Aufstieg sowie das Reisen und Fortschreiten als zentrale Elemente, die solche Erfahrungen kennzeichnen. Mark trägt also seinen Vater nach oben, und dann sieht er in der Ferne seine Großmutter, die Mutter seines Vaters, aus dem Licht auftauchen, aus einem Bogen von gleißendem Licht. Mark setzt seinen Vater ab, und dieser schließt nun seine Mutter in die Arme. Mark spürt die Liebe, die sich in diesem Augenblick ergießt, erlebt die tiefen Gefühle mit, die Tränen erfüllter Sehnsucht, erwiderter Liebe. Schließlich erblickt er den Bruder seines Vaters, Marks Onkel, und alle umarmen einander. An diesem Punkt wird Mark bewusst, dass er seine Aufgabe erfüllt hat – seinem Vater zu helfen, hierher zu kommen. Dann folgt ein letzten Austausch zwischen Mark und seinem Vater. Er wendet sich ihm zu und dankt. „Ich wusste nicht, wie ich das machen soll. Danke für deine Hilfe.“ Schließlich gehen alle Verwandten von Mark – Vater, Großmutter und Onkel – ins Licht und verschwinden darin, und Mark erlebt sich wieder während der Autofahrt.

Das also sind die vier Arten von geteilten Todeserfahrungen nach dem Grad der Beteiligung.

Das Thema Tod ist sehr oft nur mit viel Schmerz und Trauma verbunden, aber Geschichten wie diese zeigen, dass es auch heilsame Erfahrungen gibt!

PETERS: Die Hauptaufgabe unseres „Shared-Crossing-Projekts“ ist es, die Sichtweise der Menschen auf Tod und Sterben zu verändern, indem sie für diese Erfahrungen sensibilisiert und aufgeklärt werden. Vor allem geht es um geteilte Todeserfahrungen, aber es gibt auch andere Erfahrungen, die man in Todesnähe und während des Sterbevorganges machen kann. Menschen, die solche Erlebnisse hatten, fürchten den Tod nicht mehr. Das sagen sie ganz klar. Sie wissen, dass ihre Lieben am Leben sind und dass es ihnen gut geht. Sie wissen, dass das Sterben einfach ist. Sie wollen sich mit dem Tod näher, intensiver beschäftigen, eine Beziehung zu ihm aufbauen. Sie möchten den Menschen, ihren Familienmitgliedern, aber auch anderen, dabei helfen, leichter zu sterben. Sie wollen diese tiefgreifende Erfahrung, die sie selbst gemacht haben, weitergeben, diese Erfahrung, die sie überzeugt hat, dass der Tod nicht gefürchtet werden muss. Dass es sich vielmehr um eine schöne Reise handelt. Und ich sollte auch anmerken, dass Menschen, die solche Erfahrungen machen, oft auch mit übersinnlichen, intuitiven Fähigkeiten zurück kommen – und mit dem Wunsch, ein spirituelleres Leben zu führen. 

Es verändert Menschen also dauerhaft, wenn sie eine geteilte Todeserfahrung machen? 

PETERS: Ja, dieser Aussage kann ich zustimmen. Aber ich würde doch sagen, dass eine dauerhafte Veränderung, eine positive Transformation eher dann eintreten kann, wenn sich jemand bewusst auf Prozesse der Integration einlassen kann. Und hier setzt meine Arbeit und die anderer von mir ausgebildeter Psychotherapeuten an. Wir sind darin geschult, die Normen solcher Erfahrungen herauszuarbeiten, diese Erfahrungen zu bestätigen und den Menschen zu helfen, ihre ganz persönlichen Lehren aus geteilten Todeserfahrungen zu ziehen sowie das Gelernte in ihr Leben zu integrieren. 

Die Frage ist ja, wie es gelingen kann, solche tiefgreifenden spirituellen Erfahrungen eben nicht aus dem normalen Leben auszuschließen, sondern sie miteinzubeziehen. Wir versuchen die Menschen anzuregen, sie in den Mittelpunkt ihres Lebens zu stellen, in dem Bewusstsein zu leben, dass sie real sind und dass das, was sie erlebt haben, auch jedem anderen Menschen zum Zeitpunkt seines Todes geschehen wird. 

Aber wie führt man sein Leben mit dieser Weisheit? Was ändert sich? Es kann schwierig werden, denn nach einer geteilten Todeserfahrung oder nach einer Nahtoderfahrung ist vieles in der materiellen Welt uninteressant geworden. Es gibt ja keine überwältigendere Erfahrung als den Zugang zu dieser anderen Welt zu erleben, einer Welt, die realer ist als die physische Existenz. Wir hören das immer wieder: Eine geteilte Todeserfahrung oder eine Nahtoderfahrung ist realer als die Realität! Die Menschen erleben die ultimative Wirklichkeit, den Urgrund jeder Realität. Unsere menschliche Existenz wurzelt in ihr. Wir erleben hier nur einen Moment im Kontinuum der Existenz unserer Seele. Ein irdisches Menschenleben ist unbedeutend im Vergleich zu dem, was Menschen in einer geteilten Todeserfahrung erleben. Das sind die wahren Relationen, und das ist es, was wir den Betroffenen nahe zu bringen versuchen, damit sie davon leben können.

Nur zur Klarstellung: Sie haben übersinnliche Fähigkeiten in Verbindung mit geteilten Todeserfahrung erwähnt. Was genau meinen Sie damit? 

PETERS: Menschen mit solchen Erfahrungen sagen, dass sie intuitiver geworden sind. Sie können sich besser in ihre Mitmenschen hineinversetzen. Sie haben ein besseres Empfinden für Fürsorge. Sie scheinen genau zu wissen, wann sie ihren Lieben gegenüber aufmerksam sein müssen oder wann es angebracht ist, einen Gang zurückzuschalten. Sie treffen die Entscheidungen in ihrem Leben eher intuitiv und mit dem Herzen und lassen sich weniger von rationalen Erwägungen leiten. Sie haben das Gefühl, eine spirituelle Führung zu erleben. Sie empfinden sehr oft die Nähe von Geistwesen oder Wächtern, die ihnen helfen und ihnen Wissen vermitteln. Sie berichten auch von der Fähigkeit, die Zukunft oder zukünftige Ereignisse spüren zu können. Nicht, dass sie etwas mit Sicherheit sehen, aber sie spüren zum Beispiel, dass es keine gute Idee ist, jetzt dorthin zu gehen, dass es vielleicht kein guter Zeitpunkt für eine Reise ist. Oder sie empfinden, dass es nötig ist, sich auf eine bestimmte Art und Weise vorzubereiten. Sie haben also den Eindruck, zunehmend Informationen zu erhalten, die jenseits ihrer eigenen kognitiven und mentalen Fähigkeiten liegen. 

Es ist ja bekannt, dass Nahtoderfahrene oft mit übersinnlichen Fähigkeiten zurückkehren. Faszinierend, dass dies auch bis zu einem gewissen Grad bei einem Menschen der Fall sein kann, die eine geteilte Todeserfahrung erleben.

PETERS: Ja, ich glaube, es geht dabei um dieselbe Dimension. Ich denke, was die Erforschung von geteilten Todeserfahrungen und auch von Nahtoderlebnissen uns zeigt und bestätigt, ist die Existenz jener Dimension, die uns Menschen zum Zeitpunkt des Todes erwartet. Das Bewusstsein besteht weiter und bringt uns in diesem Raum, der nicht für jeden Menschen der selbe ist. Aber es scheint, dass es überall ähnliche Rahmenbedingungen gibt. Jeder macht seine eigene, einzigartige Erfahrung, aber in einem ähnlichen Umfeld. Die Geographie dieser nachtodlichen Landschaft scheint einheitlich zu sein.

Wir haben über mehrere Phänomen gesprochen, etwa, dass die Seele den Körper verlässt, dass Menschen bei einer geteilten Todeserfahrung ein Licht erleben, ein höheres Bewusstsein erfahren oder an eine Grenze gelangen, die sie nicht überschritten können. Können Sie etwas über die Häufigkeit der einzelnen Phänomene sagen?

PETERS: Ja. Das häufigste Phänomen, von dem in etwa 51 Prozent unserer Fälle berichtet wurde, ist, dass der Erlebende den Sterbenden sieht. Ich glaube, das Wichtigste ist, dass jemand nach einer geteilten Todeserfahrung berichtet: „Ich habe den Sterbenden im Jenseits gesehen. Er ist glücklich und gesund und lebendig; es geht ihm gut.“ Das ist das Wichtigste.

Ich denke auch, dass die besonderen erhabenen Gefühle, die bei etwa 36 bis 38 Prozent der Fälle mit dem jenseitigen Erleben einher gehen, bei den Menschen einen enormen Energiestoß auslösen, der sie tagelang, vielleicht sogar wochenlang begleitet. Es ist eine Euphorie, die Menschen fühlen sich energetisiert. Das ist eine tiefgreifende und offenbar unbeschreibliche Erfahrung. Die Leute sagen: „Ich finde keine Worte, um das auszudrücken.“ Über die Beobachtung, dass der Geist den Körper verlässt, haben wir schon gesprochen. Auch über das Schauen von Wesenheiten und über die sehr häufige Schilderung himmlischer Reiche. Etwa 20 Prozent der Menschen, die eine geteilte Todeserfahrung erlebt haben, erzählen, dass sie sich in einem wunderschönen, veränderten Raum befanden, der realer als real wirkte, mit Farben, die sie nie zuvor gesehen hatten. 

Übrigens muss ich noch erwähnen, dass mein Kollege Raymond Moody bei der Erforschung geteilter Todeserlebnisse am Sterbebett Großartiges geleistet hat. Er war der erste, der auf dieses Phänomen aufmerksam gemacht hat. Er hat den Begriff „geteilte Todeserfahrung“ geprägt oder ihn – im Jahr 2010 – zumindest populär gemacht. Er benutzte diesen Begriff, den ich wirklich brillant finde. 

Moody sagt, Menschen, die eine geteilte Todeserfahrung erleben, beschreiben eine Veränderung in der Geometrie des Raumes. Das bedeutet, dass das Zeit-Raum-Kontinuum verschwindet. Bei einer Begleitung am Sterbebett haben Menschen oft den Eindruck, die Wände fielen weg. Oder die Zimmerdecke würde verschwinden. Plötzlich befindet man sich in einem himmlischen Raum, ist zugleich aber immer noch bei dem Sterbenden. Der Raum ist verändert. Die Menschen beschreiben auch, dass Krankenhauswände wegfielen und sie in wunderschöne himmlische Fernen blickten. Oder sie schauten nach oben und befanden sich in einem Sonnensystem, einer Galaxie, und doch sind sie zugleich bei dem Sterbenden. Sie erleben also eine Veränderung der Geometrie des Raumes. Man ist immer noch in dem physischen Raum, aber er hat seine dreidimensionalen Eigenschaften verloren. Man scheint jetzt in einer vierten und fünften Dimension zu sein. Eine solche Erfahrung geht tief, solche Phänomene sind spektakulär. Wer sie erlebt, kommt völlig verwandelt und auf eine gute Art und Weise energetisiert von all dem zurück. 

Ist es möglich, dass jemand, der beispielsweise einen unheilbar kranken geliebten Angehörigen hat, seine Chance für eine geteilte Todeserfahrung erhöht, um den Sterbenden bewusst unterstützen zu können? Und wenn ja, wie könnte man diese Chance erhöhen? 

PETERS: Bei dieser Frage muss ich lächeln, denn ich habe persönliche Erinnerungen dazu. Als ich im Jahr 2009 durch Raymond Moody zum ersten Mal von geteilten Todeserfahrungen hörte, erinnerte ich mich, dass ich selbst schon viele solche Erfahrungen gemacht hatte, als ich in der Hospizarbeit tätig war. Als Raymond auf einer Konferenz darüber referiert hatte, ging ich anschließend zu ihm, um zu fragen, wie viel Forschung es zu diesem Thema gebe. Er antwortete: „Keine!“ Wow! Und ich sagte: „Dieses Thema interessiert mich wirklich, denn ich habe solche Erfahrungen gemacht, und ich glaube, ich kann Menschen dabei helfen, sie auch zu machen.“ Er sah mich an und sagte: „Wir wissen nicht einmal, wie sie zustande kommen. Wenn du also glaubst, dass du Menschen helfen kannst, sie zu machen, wäre das für sie ein wunderbares Geschenk.“ 

So begann unsere Beziehung. Raymond und ich wurden über die Jahre Partner. Jetzt unterrichten wir oft zusammen. Aber es begann tatsächlich mit meinem Versuch, Menschen zu lehren, wie sie solche Erfahrungen machen können. Es begann in den Jahren 2011 bis 2013 unter dem Titel „Shared Crossing Protocols“. Die große Herausforderung bestand darin, dass im persönlichen Umfeld der Teilnehmer Menschen sterben mussten, damit wir mit ausreichend hoher Genauigkeit Daten sammeln konnten. Aber das geschah nicht so problemlos, wie wir es uns erhofft hatten … natürlich erhofften wir uns keinen Todesfall, aber es war eben schwierig, brauchbare Daten zu erfassen. Es kam oft vor, dass Menschen unterrichtet wurden, die dann jahrelang keinen Todesfall in ihrem Umfeld hatten, und dass wir dann den Kontakt zu ihnen wieder verloren. 

Aber anekdotisch kann ich davon ausgehen, dass mindestens ein Viertel der Menschen, die unsere Methoden erlernen, irgendwann tatsächlich eine geteilte Todeserfahrung erleben, vielleicht sogar bis zu 50 Prozent. Wir sind jetzt dabei, einen großen Fragebogen für alle Teilnehmer unseres Programms auszugeben, sowohl an die, die eine geteilte Todeserfahrung erlebt haben, als auch an eine Kontrollgruppe. Wir werden damit deutlich mehr Daten erhalten. Aber aus einzelnen Erzählungen kann ich schließen, dass 80 bis 90 Prozent der Menschen, die ich geschult habe – es geht dabei um ein bestimmtes Programm, das ich gleich beschreiben werde –, eine Art von Erfahrung gemacht haben, die wir „shared crossing“ – gemeinsames Überqueren – nennen. 

Übrigens erfüllt ein solches Training mehrere Aufgaben. Zunächst lehrt es die Menschen, dass solche Erfahrungen existieren, dass es also zahlreiche besondere Phänomene am Ende des Lebens gibt: Vorahnungen, mit denen jemand den Tod eines Menschen vorhersieht, Sterbebettbesucher, terminale Geistesklarheit, geteilte Todeserfahrungen, direkte Kommunikation nach dem Tod, Visionen von Besuchen Verstorbener, andere Formen von Nachtodkontakten, all das, worüber wir gesprochen haben. 

Dann führen wir die Menschen durch psycho-spirituelle Prozesse, damit sie ihre Aussicht, solche Erfahrungen selbst zu machen, verbessern können. Vieles davon ist psycho-emotionale, spirituelle Arbeit – Meditationen, geführte Visualisierungen – und alles dient dazu, die Seele, den Geist von den Beschränkungen und der Schwere des physischen Körpers zu befreien. 

Und dann lehre ich eine Reihe von Übungen, in denen ich die Landschaft beschreibe, die ein sterbender Mensch erleben wird, die geistige Landschaft zum Todeszeitpunkt. Es wird auch gelehrt, was er durchmachen, was er sehen, was er spüren, was er fühlen wird. Es ist so ähnlich wie das tibetische Totenbuch, aber ich habe die Inhalte modernisiert und verwestlicht, so dass es für uns sinnvoll wird. Denn ich kenne das tibetische Totenbuch, ich habe damit gearbeitet, es wirkt auf den westlichen Geist sehr esoterisch. Also habe ich es der westlichen Denkweise angepasst und auch einige andere Dinge hinzugefügt, denn Teile des tibetischen Totenbuchs verstehe ich selbst nicht, obwohl ich eine buddhistische Praxis habe. Ich verstehe die Bedeutung bestimmter Devas und Mandalas nicht und manche Inhalte nicht gut genug. Aber ich weiß aus meiner Forschung vieles und habe auch meine eigenen Erfahrungen, weil ich ein paar Dutzend geteilte Todeserfahrungen erlebt habe. Insofern kenne ich die Gegebenheiten. 

Wir lehren also über die Landschaft und wie Sterbende erkennen können, dass sie gestorben sind. Wie sie sich umdrehen und ihren Angehörigen zuwenden können, damit diese sich ihnen anschließen – um zu sehen, dass sie in Sicherheit sind, dass sie glücklich sind und Liebe erfahren.

Und wir lehren die hinterbliebenen Angehörigen, wie sie sich öffnen können, wie sie sich einstimmen und die Einladung annehmen können, mit dem Sterbenden gemeinsam die ersten Stufen ins Jenseits zu gehen. 

Das also ist das Programm für einen gemeinsam Weg. Wir unterrichten es jetzt auch online. Es ist ein wunderschönes Programm. Die Leute schätzen es wirklich. Der Unterricht geht über drei Tage. Es ist ein Intensivkurs. Es gibt dazu Informationen auf unserer Website.

Die Ergebnisse dieses Programms sind ziemlich gut. Ich schätze auf Grund von Erzählungen, dass 80 bis 90 Prozent unserer Teilnehmer eine tiefgreifende Erfahrung in Todesnähe machen, sei es eine geteilte Todeserfahrung, sei es der Besuch eines geliebten verstorbenen Angehörigen oder eine Synchronizität, die wirklich überwältigend ist. Wie zum Beispiel ein Vogel, der nach dem Tod eines Angehörigen jeden Tag auftaucht und sich auf die Veranda setzt. Diese Erfahrung hat ein Mann gemacht, nachdem seine Frau gestorben war. Die beiden hatten jeden Morgen auf der Veranda ihren Tee getrunken. Und dann, nach ihrem Tod, tauchte jeden Morgen ein Vogel auf und klopfte an das Fenster. Für den Mann war klar, dass das ein Zeichen seiner Frau ist. Denn genau hier hatten sie einander immer zum Tee getroffen. So etwas ist äußerst bedeutungsvoll.

Es kann auch die Art und Weise verändern, in der Psychotherapeuten wie ich mit trauernden Menschen arbeiten, die einen Verlust bewältigen müssen. Wir nennen diesen Arbeitsbereich „Continuing bonds“, die Weiterführung von Kontakten. Dabei handelt es sich um eine Methode der Trauertherapie, die eine kontinuierliche Beziehung zwischen dem Hinterbliebenen und dem Verstorbenen unterstützt. Wir belehren dabei nicht, aber wir fördern diese Beziehung, und wir erlauben den Menschen, tiefgreifende Erfahrungen, Nachtodkontakte oder geteilte Todeserfahrungen in die Beziehung zu integrieren, die sie mit dem verstorbenen geliebten Menschen hatten und jetzt mit ihm haben können. Das ist sehr bedeutungsvoll. Denn warum sollten wir nach dem Tod eines geliebten Menschen sagen: Das war’s? Warum können wir nicht sagen: Die Beziehung geht weiter, in einer anderen Form, und wir können auch andere Beziehungen haben. 

Es ist schön, dass Sie den Menschen diese Möglichkeit bieten und ihnen dieses Thema näher bringen. Für viele könnte das revolutionär, lebensverändernd wirken!

PETERS: Ich hoffe es. Ja. Es wäre tatsächlich möglich, dass wir unsere Beziehungen in Bezug auf das Lebensende, den Tod und das Sterben radikal verändern – sowohl in unserer Kultur, als auch individuell und in der Familie.

Ich habe den Eindruck, dass wir Fortschritte dabei machen, Spiritualität und Wissenschaft miteinander zu verbinden, anstatt sie als Widerspruch zu sehen. Und das, obwohl viele Menschen trotz der erstaunlichen Erfahrungen immer weiter nach Beweisen suchen. Zu diesem Thema: Hatten Sie mit Fällen zu tun, die Ihnen unmittelbar als Beweis für ein Leben nach dem Tod erschienen sind, weil sie einfach nicht rational erklärt werden konnten? 

PETERS: Das ist eine gute Frage. Ich denke darüber nach. Aber zunächst möchte ich noch kommentieren, was Sie gerade gesagt haben. Es ist eine gute Beobachtung. Ich denke, es geht darum, dass das, was wir über die spirituellen Erfahrungen am Ende des Lebens lernen, auch von Gedanken aus der Physik unterstützt wird. Geteilte Todeserfahrungen oder Nahtoderfahrungen – ich denke dabei gleichzeitig an den ersten Hauptsatz der Thermodynamik: Energie ist konstant. Sie kann also weder zerstört noch erschaffen werden. Sie kann nur transformiert oder in eine andere Form umgewandelt werden.

Geteilte Todeserfahrungen weisen darauf hin, dass, wenn der Mensch stirbt, zwar keine Energie mehr in dem physischen Körper ist, aber sie stellt sich dafür auf eine andere Art und Weise dar. Sie ist in der unsichtbaren Welt. Und es gibt eine Beziehung, die gefühlt und gespürt wird und die sehr lebendig ist. Wenn Sie Nahtoderfahrene oder Menschen, die eine geteilte Todeserfahrung erlebt haben, nach Verstorbenen fragen, dann sagen sie: Sie sind da, ich fühle sie, ich spüre sie. Sie sind aber nicht in der physischen Form da, ihre Energie wurde transformiert. Sie haben ihren menschlichen Körper abgelegt, die Energie ist jetzt irgendwo anders, aber sie sind lebendig und es geht ihnen gut. 

Aber Sie haben nach unmittelbaren Beweisen gefragt …

Ja. Ich denke beispielsweise an konkrete Träume, die das Ereignis in der Nacht vor dem Tod oder in der Stunde davor bereits ankündigen. Oder an die von Ihnen erwähnten Fälle, in denen mehrere Menschen gemeinsam eine geteilte Todeserfahrung erlebten. So etwas kann ja nicht nur Einbildung sein. 

PETERS: Ja, es gibt das Phänomen einer geteilten Todeserfahrung, an der mehrere Personen beteiligt sind. Wenn sich so etwas an unterschiedlichen Orten ereignet, können sich dadurch definitiv verifizierbare Beweise ergeben. 

Ich möchte aber als einfaches Beispiel den Fall von Allison beschreiben. Sie ist in Kalifornien zu Hause und war beim Einkaufen in einem Supermarkt. Allison kauft also ein, und plötzlich spürt und schließlich schaut sie auch eine Freundin, die außerhalb von London lebt. Und sie hört diese Freundin sagen: „Ich konnte es nicht mehr ertragen. Ich musste gehen, aber es geht mir gut. Ich liebe dich. Danke, dass du so eine gute Freundin bist.“ 

Allison ist also mitten in ihrem Einkauf, während sie das erlebt. Schließlich geht sie zur Kasse und hinaus zu ihrem Auto. Da bekommt sie einen Anruf, schaut auf das Telefon und weiß, dass sie jemand anruft, um ihr zu mitzuteilen, dass ihre Freundin gestorben ist, Sherry aus London, die sie gerade eben geschaut hatte. Allison nimmt also ab und hört: „Ich muss dir etwas sagen …“ Da unterbricht sie die Anruferin: „Ich weiß, Sherry ist gestorben.“ – „Ja. Aber woher weißt du das?“ Und Allison antwortet: „Sie war eben. bei mir, um mir zu sagen, dass es ihr gut geht und um sich zu verabschieden.“ 

Das ist – wahrheitsgemäß – eine Erzählung aus erster Hand. Aber es ist natürlich eine Geschichte, die jemand von sich selbst berichtet. Und wir wissen, dass für Menschen, die in ihrem Ruf nach Beweisen anspruchsvoller sind, solche Geschichten nichts beweisen. Es ist ja nur selbst erlebt … Ja, stimmt, das ist es! Und natürlich ist es nicht einfach, in diesen Berichten, die ja immer eigene Erlebnisse zum Inhalt haben, Muster zu erkennen, die sich wiederholen. Und es wäre auch schwer, eine Art Kontrollgruppe zu bilden, wenn man so etwas fordern würde. Es ist also nicht einfach, in diesem Sinn wissenschaftliche Standards zu erfüllen. Dennoch müssen wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln gute Forschung leisten. Denn die wissenschaftliche Gemeinschaft, insbesondere die medizinischen Wissenschaften, können ziemlich skeptisch sein und unterstellen schnell einmal, dass es sich bei solchen Gegebenheiten um Wunschdenken handelt, dass sich die Leute etwas einbilden, dass sie Wahnvorstellungen oder Trauerhalluzinationen haben. Wir haben das alles schon gehört. Dennoch bin ich ziemlich standhaft in meiner Ansicht, dass diese Dinge real sind. Sie kommen vor. Die Menschen erfinden sie nicht. Auch wenn sie davor noch nie etwas von geteilten Todeserfahrungen gehört haben, erleben sie sie. Und sie haben oft sogar ein bisschen Angst, anderen von ihren Erfahrungen zu erzählen, weil sie fürchten, als geistig und körperlich nicht ganz gesund, als psychotisch oder wahnhaft abgestempelt zu werden.

Mein Standpunkt ist: Wenn vernünftige Menschen, die fest im Alltagsleben stehen, solche Erfahrungen machen und wissen, dass sie real sind – realer als real sogar –, wenn Menschen diese Erfahrungen gemeinsam mit anderen erleben, wenn man sich mit den Beweisen beschäftigt, die wir dokumentiert haben, mit den Mustern und Gemeinsamkeiten in den Fällen – und wir haben Hunderte gesammelt –, und wenn sie hören, wie Menschen, die solche Erfahrungen gemacht haben, ihre Geschichten erzählen, dann ist es für einen normal denkenden, praktisch veranlagten, aufgeschlossenen Menschen ziemlich schwer zu behaupten, dass hier nicht etwas Bemerkenswertes geschieht. Es ist bei näherer Betrachtung fast auszuschließen, dass alle sich „so ein Zeug“ nur einbilden. Nein. Diese Erfahrungen sind eine reale Gegebenheit. Und wenn wir sie weiter erforschen, werden wir auf Tausende und Abertausende solcher Erfahrungen stoßen, und immer mehr Menschen werden ihre Geschichten erzählen. Sie werden in unserer Kultur, in allen Kulturen, zur Normalität werden. 

Es ist der in westlichem Sinn geschulte Verstand, der sich schwer damit tut, einen Sinn in solchen Ereignissen zu sehen. Ich lebe in Peru, Guatemala und Brasilien und habe oft mit indigenen Völkern zu tun. Für die Menschen dort ist das alles nicht schwer zu verstehen. Sie gehen mit solchen Erfahrungen nicht auf Widerstand, weil sie selbst ständig in anderen Dimensionen unterwegs sind. Dieses Reisen gehört zu ihrer Lebensweise. Für sie ist es nicht einmal eine spirituelle Praxis. Es ist ihre Art zu leben. Andere Dimensionen sind Teil ihres Lebens. Der Tod ist für sie die ultimative Reise. Es ist die Reise, von der man nicht zurückkehrt. Und so gibt es in den meisten vormodernen Kulturen auch einen Platz für geteilte Todeserfahrungen in ihrem Verständnis dessen, was am Ende des Lebens geschieht. Das sind die wirklich modernen Menschen. Wir repräsentieren eine recht junge Entwicklung im Laufe der Menschheitsgeschichte, die viel stärker im Gehirn verankert ist als die meisten früheren Kulturen, die spiritueller waren und intuitiv fühlen konnten. 

Das nur als Anmerkung für das Beispiel einer Vision. 

Sprechen wir bitte auch noch etwas ausführlicher über Nachtod-Kontakte oder -Besuche. Gibt es dafür einen typischen Zeitrahmen, in dem sie auftreten, oder können sie beispielsweise auch ein Jahr nach dem Tod stattfinden? 

PETERS: Viele Menschen sind heute mit dem Begriff „Nachtod-Kommunikation“ vertraut. Er umfasst jede Art von Kommunikation, die nach dem Tod stattfindet. Bill Guggenheim hat über dieses Thema ein wunderbares Buch mit dem Titel „Hello from Heaven“ geschrieben. Und es gibt auch eine Menge Forschung darüber. Tatsächlich weiß ich inzwischen von mehr als 50 von Experten begutachteten Forschungsartikeln über Nachtod-Kommunikation. Sie alle bestätigen, dass diese Erfahrungen stattfinden. Ich selbst bin am meisten an Erfahrungen interessiert, die sich innerhalb des ersten Jahres nach dem Tod eines Menschen ereignen. Deshalb habe ich auch die Forschung unserer „Shared Crossing Research“-Initiative darauf ausgerichtet. 

Unter diesen Erfahrungen findet man zunächst eine Form, die ich als „direkte Nachtod-Kommunikation“ bezeichne. Sie findet kurz nach dem Tod eines geliebten Menschen statt. Was mir und den Forschern unseres Teams immer wieder von Hinterbliebenen berichtet wurde, ist, dass sie sich gedanklich eine Frage stellten oder über etwas nachdachten und der Verstorbene tauchte sozusagen in ihrem Kopf auf und gab die gesuchte Antwort. Manchmal wird jemandem erst durch die Antwort wirklich klar, dass ihn eine Frage stark beschäftigt hatte.

Hier ist ein Beispiel dafür: Eine Frau überlegt, wo die Beerdigungszeremonie für ihre kürzlich verstorbene Mutter am besten stattfinden sollte. Sollen wir sie draußen oder in der Kirche abhalten? Meine Mutter, denkt sie, war am Ende ihres Lebens nicht mehr so begeistert von der Kirche. Andererseits würden viele ihrer Freunde kommen, wenn die Beerdigung in der Kirche stattfände. Und dann vernimmt sie plötzlich in sich die Stimme ihrer Mutter. Sie sagt: „Macht es in der Kirche, weil sich alle unsere Familienmitglieder dort wohler fühlen werden und weil es für einen Innenraum einfacher zu organisieren ist.“ Und sie kündigt ihrer Tochter an: „Übrigens, du wirst dich über die Leute, die da kommen, freuen.“ Die geliebte Mutter meldete sich also nicht nur in den Gedanken ihrer Tochter, die ihren Tod miterlebt hat und jetzt trauert, sondern sie beantwortete auch eine wichtige Frage, die die Tochter beschäftigt hatte.

Ein anderes gutes Beispiel ist das Erlebnis von Andrea. Ihr Ehemann starb sehr jung, mit Ende zwanzig, an Kehlkopfkrebs, ein sehr trauriger Tod. Ein oder zwei Wochen danach fährt sie mit ihrem Auto den Highway Nr. 1 entlang, das ist eine große Straße in Kalifornien, die an  einigen Stellen nahe der Pazifikküste verläuft. Sie fährt etwa eine halbe Stunde lang auf dieser wunderschönen Straße und ist schließlich ungefähr 45 Minuten nördlich von Santa Barbara, einer Stadt, die an der Küste liegt. Da wird ihr bewusst, dass sie gerade an die Ausfahrt kommt, die zum Haus der Eltern ihres kürzlich verstorbenen Mannes führt. Und sie beginnt darüber nachzugrübeln, ob sie sie besuchen oder doch gleich weiter in die Stadt fahren soll. Da kommt ihr plötzlich ihr Mann in den Sinn, sie hört deutlich seine Stimme: „Besuche sie gleich, fahr jetzt sofort hin. Sie sind zu Hause, und es der richtige Zeitpunkt, um mit ihnen in Kontakt zu treten!“ Also verlässt Andrea die Straße und fährt zu ihren Schwiegereltern. Sie hört also auf die Stimme ihres verstorbenen Mannes, und tatsächlich sind ihre Schwiegermutter und ihr Schwiegervater zu Hause. Sie heißen sie willkommen, und es entwickelt sich ein sehr bedeutungsvolles Gespräch, das nie stattgefunden hätte, wenn sie nicht von ihrem kürzlich verstorbenen Ehemann besucht worden wäre. 

Das sind Beispiele für eine direkte Nachtod-Kommunikation. So etwas geschieht nur in den ersten drei Monaten nach dem Tod eines geliebten Menschen. Es kann einmal oder auch öfter passieren. Es kann sogar regelmäßig vorkommen. Menschen, die so etwas erfahren, beschreiben diese Kommunikation typischerweise so: Es ist, als ob wir immer noch in einer Beziehung zueinander stünden. Ich spüre, fühle und sehe keinen physischen Körper, aber trotzdem erlebe ich eine Beziehung und eine tiefe Verbindung durch diese Beziehung. 

Diese direkte Nachtod-Kommunikation hat die Tendenz, bald wieder zu Ende zu sein. Der Kontakt kann schnell verblassen, vielleicht schon nach nur einer Mitteilung, etwa mit der Nachricht „Ich muss jetzt weitermachten“. Oder die Kommunikation geht ohne jede Erklärung zu Ende, in der Regel innerhalb der ersten paar Monate. Aber es gibt noch eine weitere Form der Kommunikation, die man mit „Vision und Nachtod-Besuch“ bezeichnen kann. Auch solche Kontakte kommen häufig vor, normalerweise innerhalb des ersten Jahres nach dem Todesereignis. Aber ich denke, dass sie im Zeitraum etwa der ersten sechs Monate am häufigsten auftreten. 

Der verstorbene geliebte Mensch erscheint dem Hinterbliebenen dabei klar und jung, vital, attraktiv, sozusagen wie die beste Version seiner selbst, manchmal in vertrauter Kleidung und oft am Fußende des Bettes oder in Deckenhöhe. Wenn so ein Besucher erscheint, dann in der Gestalt und Form der Person, so, als ob sie wirklich anwesend wäre. Und sie wird versichern: „Ja, ich bin es. Ich bin hier.“ 

Ein solcher Besuch erfüllt nicht selten einen konkreten Zweck. Oft geht es um eine einfache Mitteilung an den Hinterbliebenen: „Du musst mit deinem Leben weitermachen. Ich habe dich lieb. Ich werde immer bei dir sein. Ich sehe dich später wieder, aber du musst dein Leben weiterleben.“ Oder beispielsweise: „Du musst diese Angelegenheit mit deiner Schwester und deinem Bruder klären.“ Es wird also so etwas wie ein Leitfaden vermittelt. Etwa: „Es war nicht deine Schuld. Du kannst nichts dafür, dass es zu diesem tragischen Unfall kam.“ Oder die Nachricht: „Es war nicht seine Schuld, es ist ganz anders passiert …“ Es gab also beispielsweise einen tragischen Todesfall, und der Verstorbene kommt als Besucher, um hilfreiche Informationen zu vermitteln. Das kann sehr heilsam sein.

Außerdem beobachten wir oft auffällige Synchronizitäten. Als ich anfing, mich mit diesem Thema zu befassen, befürchtete ich im Stillen, dass die Leute nun denken könnten, ich würde hier über die Stränge schlagen und mich in die Welt des Woo-Woo, der Schwurbeleien begeben. Aber einige dieser Synchronizitäten sind wirklich spektakulär. Ich erzähle gern ein Beispiel. 

Es gab einen sehr bekannten Dokumentarfilmer, sein Name war Mike deGruy. Er hat eine Menge für die British Broadcasting Corporation und National Geographic gemacht. Er war Moderator von Wildlife-Sendungen, hat viel in und mit der Natur gearbeitet und war selbst aktiver Umweltschützer. Und dann starb er plötzlich bei einem Hubschrauberabsturz in Australien. Bei seiner Beerdigung, eine Woche nach dem tragischen Unfall, hielt sein Bruder die Trauerrede. Dabei sagte er, Mike sei wie ein Ausrufezeichen in Menschengestalt gewesen – in dem Sinn, dass er stets mit Elan, Begeisterung und großer Energie gelebt hatte.

Nach der Gedenkfeier ging die Trauergemeinde zum Strand. Das alles fand in Santa Barbara statt. Die Menschen standen also am Strand, um in einer Zeremonie Mike zu gedenken und ihn zu ehren. Da erschien am Himmel über dem Wasser eine Wolkenformation, die genau wie ein menschliches Ausrufezeichen aussah. Ganz genau so. Ein Ausrufezeichen in Menschenform. Das ist eine solche Synchronizität, die damals tausend Leute erlebt haben. So etwas ist nicht zu leugnen, alle haben es gesehen. 

Mimi, Mikes Frau, die ich in der Trauer begleitet hatte, ist einverstanden, dass ich von dieser Begebenheit erzähle. Sie möchte selbst, dass diese Geschichte in die Welt hinausgeht, damit viele Menschen erfahren, was möglich ist. Sie selbst hat anfangs tatsächlich geglaubt, jemand habe dafür bezahlt, dass dieses Ausrufezeichen in den Wolken erscheint. Aber die Formation war riesig. Erst später dachte sie eingehender darüber nach, was da eigentlich passiert war. Da Mimi sehr wissenschaftlich orientiert ist, fiel es ihr zunächst schwer, sich auf den Gedanken einzulassen, dass es eine Kraft geben könnte, deren Wirken in der Natur unser Wissen übersteigt und die solche Synchronizitäten erzeugt. 

Wir haben alle möglichen Synchronizitäten dokumentiert – mit Vögeln, Hunden, Schmetterlingen und Kolibris, was immer sie sich vorstellen können. Natürlich auch mit Säugetieren. Wir leben in einer Küstenstadt, und manchmal gebe ich trauernden Menschen einfach den Tipp: Gehen Sie den Strand entlang und bitten Sie Ihren verstorbenen Angehörigen, Ihnen ein Zeichen zu geben. Vielleicht tut er es ja. Und tatsächlich passiert so etwas immer wieder. 

Es ist eine meiner Lieblingsinterventionen für Menschen, die einen Beweis dafür wollen, dass ein Verstorbener, den sie lieben, irgendwo am Leben ist. Ich empfehle: „Gehen Sie an den Strand!“ Und es passiert immer wieder, dass jemand dann den Strand entlang spaziert, eine Woche später wieder zur Sitzung kommt und von seinen Erlebnissen erzählt – mit den Worten „Sie werden es nicht glauben …“. Eigentlich passiert es meist sogar, dass mich die Person schon direkt vom Strand aus anruft. Beispielsweise erzählte mir jemand, der einen Angehörigen verloren hatte: „Sie haben mir geraten, hierher zu gehen. Ich bin gerade am Strand und ich beobachte Delfine, die aus dem Wasser springen. Hunderte von Delfinen. Das ist die größte Delfin-Schau, die ich je gesehen habe. Ich habe um ein Zeichen gebeten, und das ist es. Er ist da! Er sagt mir, dass er lebt und gesund ist. Und ich weine und weine. Ich kann nicht glauben, dass das passiert ist. Ich gehe jeden Tag an diesem Strand entlang und habe noch nie so viele Delfine gesehen.“ 

Begebenheiten in dieser Art ereignen sich sehr oft.

Synchronizitäten sind ein großes Thema. Und ich habe das Gefühl, sobald man sich diesem Phänomen öffnet, begegnet man ihm überall. Ich kann zu Sterbephänomenen übrigens auch eine kleine persönliche Geschichte beisteuern, über einen Nachtod-Kontakt, von dem mir meine Mutter erzählt hat. Er betraf ihre Großmutter. Nachdem deren Mann verstorben war, wachte sie eines Nachts auf und sah ihn neben dem Bett stehen. Ich weiß nicht, in welchem Zeitrahmen sich das ereignete. Ich hätte sie gerne gefragt, aber als ich die Geschichte hörte, war sie selbst bereits von uns gegangen. Von meiner Mutter erfuhr ich, dass die Großmutter geschockt war, als sie ihren verstorbenen Mann sah. Er war zwar nicht physisch anwesend, aber er war definitiv da, und das machte ihr so viel Angst, dass sie ihn weghaben wollte. Sie sagte nur: „Geh weg, geh weg!“ So schockiert war sie. Ich glaube, er versuchte mit ihr zu kommunizieren. Aber er bemerkte, dass ihre Angst zu groß war. Dann ist er wieder verschwunden. Wenn man einen solchen Fall aus der eigenen Familie kennt, also nicht nur darüber liest, dann hat man zu diesen Phänomenen natürlich einen anderen Bezug. Und ich denke, auch wenn solche Gegebenheiten sehr intim und privat sind, sollte die Öffentlichkeit davon erfahren, weil sie wohl weiter verbreitet sind als wir denken. Je offener darüber gesprochen wird, desto deutlicher wird werden, dass solche Dinge vielleicht überall vorkommen. 

PETERS: Diese Geschichte, die Sie von Ihrer Großmutter erzählt haben, gefällt mir. Und es fällt natürlich auf, dass sie ähnliche Elemente enthält wie die, die ich vorhin beschrieben habe: Der Besuch findet bald nach dem Tod statt und der Verstorbene erscheint direkt am Bett. Meist werden diese Besucher übrigens ein wenig erhöht wahrgenommen. Und sie wirken absolut real. Wenn ich in meinen Interviews Menschen, die so etwas erlebt haben, bitte, die Erscheinung möglichst genau, in allen Einzelheiten zu beschreiben, sagen sie oft: „Sie sah ganz menschlich aus, allerdings wirkte sie ein bisschen dünn.“ Manche Menschen berichten auch, dass sie aufgewacht sind und sich umarmt fühlten. So, als ob der geliebte Verstorbene in ihrem Bett anwesend war und sie umarmt hat. Sie fühlen das absolut realistisch. Das sind tiefgreifende Erfahrungen. 

Ich weiß es auch sehr zu schätzen, wenn jemand solchen Erfahrungen gegenüber aufgeschlossen ist, denn das ist nicht selbstverständlich. In unserer Kultur sind wir skeptisch. Selbst ich bin es, obwohl ich solche Erlebnisse schon sehr lange studiere. Ich bin schließlich in eine Ivy-League-Schule gegangen, wo in der Wissenschaft ein ausgeprägter Materialismus gepflegt wird. Aber ich fand dann als Psychotherapeut Zugang zu diesem Thema und hatte auch meine eigenen Erfahrungen. Also sagte ich mir: Moment mal, die Sache ist zu wichtig, um sie einfach irgendwie abzutun. Das ist ein Thema für die Forschung. Ich hoffe, dass sich immer mehr Menschen damit befassen werden. Und tatsächlich gibt es überall auf der Welt großartige Wissenschaftler, die das bereits tun. Auch in Europa, wo Thanatos TV ja seinen Ursprung hat, wird viel gute Forschung betrieben. Peter Fenwick aus England oder Pim van Lommel aus den Niederlanden, die Sie ja interviewt haben, sind beide großartig. Auch beispielsweise Michael Nahm aus Deutschland, der sich unter anderem mit dem Phänomen der terminalen Geistesklarheit beschäftigt hat.

Auf beiden Seiten des Atlantiks, weltweit wird großartige Arbeit geleistet. Ich weiß auch, dass man unsere Forschungsergebnisse, die wir im „American Journal of Hospice and Palliative Medicine“ veröffentlicht haben, in anderen Ländern übernommen hat. Sie werden jetzt in Brasilien und China, in Taiwan und in Teilen Europas angewendet. Das wird sich fortsetzen. Ich glaube, wir stehen am Beginn einer gewaltigen Revolution, was die Kommunikation im Sterbeprozess und über den Tod hinaus anlangt.

Ich möchte noch einen Begriff klären. Gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen einer geteilten Todeserfahrung und dem „gemeinsamen Übergang“?

PETERS: Ja, das ist wichtig. Es gibt ja ein großes Spektrum von Erfahrungen, die mit dem Lebensende zu tun haben. 

Wenn wir von „gemeinsamen Übergangs-Erfahrungen“ sprechen, meinen wir damit jede Erfahrung einer Kommunikation, die sozusagen den Schleier durchdringt, die Schwelle überschreitet: Ahnungen vor dem Tod, Visionen von Besuchern am Sterbebett, terminale Geistesklarheit, geteilte Todeserfahrungen, und außerdem all die Phänomene, die sich nach dem Tod eines Menschen ereignen: Nachtod-Kommunikation, Besuche von Verstorbenen, Schauungen und Synchronizitäten. Diese können sich vor dem Tod, direkt zum Zeitpunkt des Todes oder nach dem Tod eines geliebten Menschen zeigen. Dies alles sind gemeinsame Übergangs-Erfahrungen. Wir bezeichnen sie eben nicht als Todesnähe-Erfahrungen, weil der Begriff „gemeinsame Übergangs-Erfahrung“ besser zum Ausdruck bringt, dass hier etwas jenseits des Schleiers erlebt wird.

Die geteilten Todeserfahrungen, über die ich gesprochen habe, markieren meines Erachtens den Höhepunkt im gesamten Erlebnis-Spektrum. Es sind die mystischsten Erfahrungen mit den bemerkenswertesten Phänomenen. Alle Erfahrungen können in hohem Grad transformativ wirken, aber geteilte Todeserfahrungen umfassen am meisten übernatürliche Phänomene.

Sie der Gründer und Geschäftsführer des „Shared Crossing Project“. Sie haben dieses Projekt bereits beschrieben, aber würden Sie bitte in ein paar Sätzen zusammenfassen, was es bezweckt und für wen es interessant sein könnte? 

PETERS: Die Zielsetzung des „Shared Crossing Project“ ist es, die Beziehung der Menschen zu Tod und Sterben, zum Lebensende im Allgemeinen, zu verändern, indem wir das Bewusstsein für diese tiefgreifenden geteilten Todeserfahrungen schärfen und die Menschen über alle Erfahrungen am Lebensende aufklären, die uns lehren, dass der Tod eine Illusion ist, dass der Schleier viel dünner ist, als wir glauben, und dass der Tod nicht gefürchtet werden muss. 

Ein Teil unserer Aufgabe und unserer Programme besteht darin, den Menschen zu zeigen, wie sie bewusste, und liebevolle Erfahrungen am Ende ihres Lebens machen können, die der Verbundenheit dienen. Und wir lehren die beschriebenen Methoden, wie Menschen gemeinsame Übergänge erleben können. Die meisten dieser Programme haben wir bereits vor der Covid-Pandemie durchgeführt. Wir waren zu diesem Zweck in der ganzen Welt unterwegs, hauptsächlich aber in Nordamerika. Jetzt machen wir vieles online und haben Teilnehmer aus der ganzen Welt. Das ist es im Wesentlichen, was wir tun. 

Ich sollte auch erwähnen, dass unsere Website sehr gute Ressourcen und eine Bibliothek zu geteilten Todeserfahrungen bietet. Das heißt, Sie können in dieser Bibliothek Videos aus erster Hand sehen, in denen Menschen ihre geteilten Todeserfahrungen und ihre gemeinsamen Erlebnisse an der Schwelle schildern. Diese Dokumente sind faszinierend. Ich glaube, wir haben im Moment acht oder neun davon online. Wir versuchen, sie regelmäßig zu wechseln und alles auf dem neuesten Stand zu halten. Aber Sie können Menschen sehen, die von ihren geteilten Todeserfahrungen berichten, und diese Zeugnisse sind spektakulär. Sie sind zugleich ein großartiges Hilfsmittel sowohl für die breite Öffentlichkeit als auch für viele Gesundheitsdienstleister, Sterbebegleiter und Hospizmitarbeiter. 

Wenn Patienten fragen, worauf sie wirklich hoffen können, wenn es darum geht, am Ende des Lebens bei ihrem Partner oder ihren Liebsten zu sein, dann verweisen schon jetzt viele Mitarbeiter des Gesundheitswesens auf unsere Webseite sharedcrossing.com und empfehlen, dort einen Blick in die Bibliothek für geteilte Todeserfahrungen zu werfen. 

Auf der Webseite gibt es aber auch andere Informationen. Sie finden Begriffsklärungen, Videos und Berichte über geteilte Todeserfahrungen. Es ist ein guter Ort für Recherchen zu diesem Thema.

Sie haben formuliert: Der Schleier ist dünner als wir denken. Das bringt es wohl perfekt auf den Punkt. Vielen Dank, Herr Dr. Peters, dass Sie sich Zeit für dieses Gespräch genommen haben.

PETERS: Mir hat es viel Freude bereitet. Es war toll, mit Ihnen für Thanatos TV zu sprechen. Ich weiß das Interesse an dem Thema sehr zu schätzen und habe dieses Interview wirklich genossen. 

Wenn Sie erlauben, möchte ich für die Leser dieses Interviews noch etwas erwähnen: Wenn Sie eine geteilte Todeserfahrung oder irgendeine andere gemeinsame Übergangserfahrung gemacht haben, wenden Sie sich bitte an uns unter sharedcrossing.com. Gehen Sie auf den Bereich Forschung oder auf die Kontaktseite. Wenn Sie auf unsere Kontaktseite gehen, finden Sie dort die Frage, ob Sie uns ein Erlebnis berichten möchten. Sie erfahren dann detailliert, wie Sie uns Ihre Geschichte übermitteln können. Unser Forschungsteam wird sie überprüfen und sich bei Ihnen melden. 

Melden Sie sich bitte auch, wenn Sie Interesse daran haben, als Forscher oder Praktikant bei uns mitzuarbeiten, zu lernen, wie man für dieses Projekt arbeitet und Fälle sammelt. Wir haben ein Freiwilligen- und Praktikantenprogramm für Interessierte auf der ganzen Welt, die uns helfen möchten, Fälle zu sammeln. 

Wir versuchen auch multikultureller zu werden. Wir haben uns bisher sehr auf Nordamerika, Europa und Australien, Neuseeland, also auf westliche Länder, vor allem auf englischsprachige Länder konzentriert. Aber wir bemühen uns, auch darüber hinaus zu gehen. Wir wollen dieses Phänomen weiter erforschen und mehr darüber erfahren. Wir freuen uns also auch über Ihre Anfrage für das Praktikantenprogramm. Das war’s. Ich danke Ihnen für Ihr Interesse. Es war mir ein Vergnügen, Ihr Gast zu sein!

Interview: Alexandra Grasmik
Übersetzung und Redaktion: Werner Huemer

 

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