Ute Köhler: Alltägliche Begegnungen mit dem Tod

Sie sind Koordinatorin des Heilbronner Kinderhospizes. Seit wann gibt es diese Einrichtung, und wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus?

UTE KÖHLER: Das Kinderhospiz gibt es erst seit 2009. Es entstand durch die Initiative betroffener Eltern und einiger Kinderkrankenschwestern, die beim Bunten Kreis e.V. – einem Betreuungsmodell, bei dem Schwestern chronisch- und schwerstkranke Kinder und Jugendliche vor Ort ambulant versorgen – engagiert waren. Uns Initiatoren war es ein Anliegen, dass den Familien schwerkranker Kinder mehr Unterstützung zuteil wird. Zur Zeit besteht unser Team aus 19 ehrenamtlichen Mitarbeitern, wobei es so etwas wie einen normierten Tag nicht gibt. Dazu sind die Bedürfnisse, die wir in den Familien vorfinden, viel zu unterschiedlich. Ganz allgemein gesprochen, begleiten wir die Familien, stehen an deren Seite und entlasten sie, wo wir können, so dass im Tagesablauf Freiräume geschaffen und genutzt werden können. Unsere Tätigkeiten hängen immer vom Krankheitszustand des Kindes und dessen Alter ab. Unser jüngstes Kind ist beispielsweise 15 Monate alt, der älteste Jugendliche war 18. Hieraus ergeben sich ganz unterschiedliche Fähigkeiten, Bedürfnisse und Interessen, auf die man entsprechend reagieren muss. Da wir die Patienten zudem häufig über mehrere Jahre hinweg betreuen, wandelt sich im Laufe dieser Zeit auch die Art unseres Dienstes.

Wir begleiten aber nicht nur kranke Kinder, sondern auch deren Angehörige! Viele wissen gar nicht, dass wir auch für die gesunden Geschwisterkinder, für die Eltern und Großeltern da sind und sie unterstützen, wenn sie Hilfe benötigen oder wenn sie sich auf dem manchmal recht anstrengenden steinigen Weg einfach einmal anlehnen möchten. Letztlich geht es uns um die Lebensqualität der Familien, unsere Arbeit ist also weniger medizinischer denn seelsorgerischer Natur. Praktisch heißt das: Wir machen Spaziergänge, spielen Spiele, organisieren Ausflüge, basteln gemeinsam, gehen ins Kino, reden viel miteinander … vor allem aber hören wir zu! Unsere Erfahrung zeigt, dass es für die Betroffenen äußerst hilfreich ist, wenn ein Pate oder eine Patin für Entlastung sorgt.

Wie werden denn die Paten an ihre Tätigkeit herangeführt?

UTE KÖHLER: Das Konzept für die Arbeit wurde über lange Zeit in der Erwachsenenhospiz-Ausbildung angewandt und in den letzten Jahren speziell auf die Bedürfnisse in der Kinder- und Jugendarbeit angepasst. Um sich für diesen Dienst zu qualifizieren, muss man zunächst eine 100-stündige Ausbildung absolvieren, die in drei Blöcke gegliedert ist. Im ersten Teil geht es um die Frage, was eigentlich die Aufgabe des Paten ist, die in die Einsicht münden sollte, dass wir die Familien auf ihrem Weg lediglich begleiten dürfen. Der Pate muss sich allerdings ebenfalls klarmachen, dass er eine Sonderrolle einnimmt, da er einerseits ein emotional eingebundener Teil der Familie, gleichzeitig aber auch ein Außenstehender mit einem objektiveren Blick auf die Gesamtsituation ist. Gelegentlich haben die Angehörigen durch ihre Befangenheit einfach Scheuklappen auf und verrennen sich in irgendwelchen Zielen – das kennt jeder, der in irgendeiner Form von Beziehung lebt. Hier muss der stets besserwissende Außenstehende Zurückhaltung üben und verstehen lernen, dass der Lösungsansatz, den er selbst wählen würde, bisweilen eben nicht die Lösung der Familie ist! So etwas auszuhalten, ist nicht einfach, und deshalb ist das Gewährenlassen auch ein ganz wichtiger Punkt in der Ausbildung. In diesen ersten Block gehört zudem eine intensive Persönlichkeitsarbeit, also das Erkennen eigener Strukturen, die Auseinandersetzung mit Fragen wie beispielsweise „Wo liegen meine Schwächen?“, „Welche Verluste erlebte ich in meinem Leben?“ – wir wollen die Familien ja nicht noch durch eigenen Seelenballast beschweren!

Der zweite Teil der Ausbildung ist sehr vielfältig, zum Beispiel dreht er sich um die Bräuche und Gepflogenheiten in den verschiedenen Weltreligionen und Kulturkreisen. Es ist wichtig zu wissen, was man berücksichtigen muss, wenn man zum Beispiel eine muslimische Familie begleitet. Außerdem geben erfahrene Dozenten Einblicke in medizinische Fragen, die bei unseren schwerkranken Patenkindern relevant sein können. Der dritte und letzte Teil, den die Paten in einer Behindertenschule absolvieren müssen, umfasst 20 Stunden. Anhand des Spektrums menschlicher Schicksale soll der angehende Pate beobachten, welche Emotionen in ihm aufkommen, ob er die Situation in diesem Spannungsfeld überhaupt auf Dauer ertragen kann. Am Ende der Qualifikation gibt es dann noch ein ausführliches Gespräch mit den Leitern der Ausbildungsmodule und mit mir. Sinn des Abschlussgespräches ist es, abzuschätzen, ob jemand tatsächlich den Anfordernissen der Patenschaft gewachsen ist. Da der Erfahrungsaustausch bei dieser Art von Arbeit essentiell ist, kommen die Paten zudem während ihrer gesamten „Dienstzeit“ regelmäßig zu Praxistreffen, zur Supervision zusammen.

 

Gehen Kinder anders mit dem Sterben um als Erwachsene?

UTE KÖHLER: Ja, da ist ein großer Unterschied! Kinder leben völlig im Hier und Jetzt, haben dementsprechend auch keine ausgeprägte Zukunftsplanung, sie kleben nicht an Dingen, sind – um es ein wenig allegorisch auszudrücken – von ihrer ganzen Art her „lichter und leichter“, fühlen sich eher als Gast auf dem Erdenplan. Ein Erwachsener ist im Gegensatz dazu ganz anders in seine Welt eingebunden, er ist sozial und emotional viel dichter „vernetzt“ als ein Heranwachsender, er kennt Annehmlichkeiten, plant in die Zukunft, seine Anhaftung an die materielle Welt ist infolgedessen viel größer, nicht zuletzt, weil er meint, etwas verlieren zu können.

Für die meisten Kinder hingegen ist der Tod an sich weniger furchterregend, da den Kleinen die Vorstellung fremd ist, nach dem „Ereignis“ Tod gar nicht mehr zu existieren – im Gegensatz zum Erwachsenen, der im Laufe seines Lebens mit der immer drängenderen Frage nach dem Danach und der darin eingewobenen Angst vor dem „Erlöschen“ konfrontiert ist. Ein Kind plagt viel weniger die Angst um sich und den Fortgang der eigenen Existenz – hierin herrscht weitestgehend ungebrochenes Vertrauen – als die Angst um die Eltern, die Frage, wie man deren Trauer, die sie klar wahrnehmen, lindern kann. Grundsätzlich wird die Trauer, etwas verlassen zu müssen, die angstvolle Frage „Was kommt denn danach?“ immer ausgeprägter, je älter ein Mensch wird.

 

Viele Menschen assoziieren mit der Hospiztätigkeit Trauer oder Bedrückung, wenn ich aber Sie und Ihre Arbeit betrachte, sehe ich eine humorvolle Person mit viel Lebensfreude.

UTE KÖHLER: Das Klischee, von dem Sie sprechen, hat einfach mit unseren engen Vorstellungen bezüglich des Sterbens zu tun! Für mich – das ist das Resultat meiner langjährigen praktischen Arbeit mit Sterbenden – ist der Tod nicht das Ende, sondern vielmehr der Übergang in eine andere Form des Daseins! Ich persönlich spüre beim Ende eines Menschen keine Sackgasse, sondern Aktivität, die den Raum erfüllt. Diese Tätigkeit hat mich also nicht deprimiert, sondern im Gegenteil lebendiger gemacht, sie richtet meinen Fokus auf das Leben. In meiner Arbeit gibt es so viele lustige Momente! Wir sind teilweise über eine lange Zeit mit den Kindern zusammen, da bleibt herzhaftes Lachen natürlich nicht aus! Vor kurzem habe ich einem Mädchen zum Geburtstag geschrieben, dass sich ein Wunsch für sie erfüllen möge! Klar, wir Erwachsenen denken an Heilung, an Wunder, das ganz große Programm eben. Für das Geburtstagskind war aber klar: Wir – ich und sie – gehen in den Freizeitpark Tripsdrill und fahren den ganzen Tag Achterbahn – die Kleine liebt Achterbahnfahren … und mir wird dabei speiübel! Man darf nicht denken, in der Nähe eines todkranken Kindes umgäbe einen ständig Schwere und Bedrückung oder man befinde sich in einer mißlichen, weil unlösbaren Situation. Auch bei Schwerkranken kann eine wohltuende Normalität, ein „sensibler Alltag“ abseits der existentiellen Not entstehen!

 

Können Sie eigentlich Phasen des Sterbens beobachten?

UTE KÖHLER: Man ist in der praktischen Arbeit eher von diesen Phasenmodellen, von der Eingrenzung in Sterbesegmente abgekommen. Es gibt schlicht verschiedene Formen der Trauer, und diese beginnen ab Diagnosestellung. Man kann das auch als vorauseilende Trauer um das eigene Ende bezeichnen. Die Menschen wissen, dass gerade ein Schnitt durch das bisherige Leben ging und dass die körperlichen Möglichkeiten Stück für Stück abnehmen. Die Kinder entwickeln sich ab der Diagnose rückwärts, was also zu Beginn körperlich noch machbar war, geht eben irgendwann nicht mehr, und mit diesem tagtäglichen Abschiednehmen müssen die Kleinen umgehen lernen. Dabei ist Trauer aber nur ein Teil des Gefühlsspektrums. Natürlich sind die Kinder angesichts ihres Schicksals auch sehr wütend.

 

Wie gehen die Freunde kranker Kinder mit der Situation um?

UTE KÖHLER: Für manche ist die Krankheit kein Thema, da gibt es keinerlei Probleme für die gemeinsame Freundschaft, weil diese Kinder das Leid des Freundes, dessen baldigen Tod vollkommen ausblenden können und die Situation nehmen, wie sie ist. Es gibt aber auch andere Beispiele, wo die Freundschaft wegen des besonderen Lebensumstandes in die Brüche geht. Kinder sind da einfach gnadenlos ehrlich; wenn sie nichts mehr mit dem kranken Freund unternehmen können, dann ist die gemeinsam verbrachte Zeit ab einem bestimmten Punkt nur noch langweilig, da darf man den Kindern keinen Vorwurf machen! Meist wachsen die Beziehungen aber, und beide gehen trotz der Krankheit durch dick und dünn! Für diese Kinder ist es dann bald vollkommen in Ordnung, wenn man nicht mehr zusammen Fußball spielen gehen kann und sie dafür die Sauerstoffflasche des Freundes tragen müssen. Ich denke, für den Begleiter ist so eine Erfahrung ein ganz starker Impuls in seinem Leben, der ihn im positiven Sinne reifen läßt, weil er instinktiv Verantwortung übernimmt und sich mit dem in die menschliche Existenz eingewobenen Werden und Vergehen auseinandersetzt.

 

Und wie reagieren diese Kinder, wenn ihr Freund dann tatsächlich gestorben ist?

UTE KÖHLER: Natürlich mit Trauer! Kinder trauern jedoch nicht so exzessiv wie Erwachsene, sie leben den Kummer – bildlich betrachtet – wie ein Sommergewitter aus, kurz und intensiv! Während also Erwachsene durch einen Fluß mit vielen Untiefen waten, springen Kinder eher voll in die Pfütze hinein, aus der sie aber auch bald wieder heraushüpfen. Wie gesagt, die meisten Kinder gehen im Moment auf, wenn sie also einen Tag später Ball spielen oder etwas basteln, ist die Trauer auch schnell wieder ausgeblendet – bis dann die nächste Pfütze auftaucht. Wenn ich es mir recht überlege, ist das auch die viel ehrlichere Haltung …

 

Ich habe gelesen, dass für viele Sterbende das Loslösen vom Körper zur Tortur wird, wenn die Angehörigen im Sterbezimmer ihr Leid extrem nach außen kehren. Die Selbstbezogenheit in dieser Phase des Lebens sollte doch aber immer das Privileg des Sterbenden sein! Die Menschen können demnach wohl oft am besten gehen, wenn das Zimmer endlich einmal leer ist und der Druck, der auf ihnen lastet, weniger wird.

UTE KÖHLER: Die äußeren Umstände und Personen beeinflussen viel, das stimmt. Bis zu einem bestimmten Grad können die Sterbenden ihren Todeszeitpunkt wohl mit viel Willenskraft manipulieren. Natürlich ist es wichtig, wie man sich in der Nähe eines Sterbenden verhält, denn im Gegensatz zu dem, was man im Allgemeinen denkt, ist ein dem Tode entgegen gehender Mensch hochsensibel, er hört zum Beispiel bis zum Ende noch alles, was am Bett gesprochen wird. Dennoch würde ich persönlich keine Ratschläge erteilen wollen, schon alleine deshalb, weil sich der Umgang miteinander vor Ort sehr schnell auf das passende Niveau einpendelt.

Wir begleiteten vor einigen Monaten ein russischstämmiges Mädchen, dessen Zustand so schlecht war, dass man davon ausging, es würde um die Weihnachtszeit sterben. In der Familie des Kindes ist der 14. Februar jedoch ein ganz besonderer Tag, und den wollte die Kleine unbedingt noch miterleben. Tatsächlich überlebte sie bis zu diesem Tag, um dann am Abend des 14., nachdem alle Gäste gegangen waren, hinüberzugehen! Ich habe zudem immer wieder beobachtet, dass gerade die Kinder meist so sterben, wie es für die Eltern ertragbar ist. Bei einem todkranken Mädchen beispielsweise hatte die Mutter den absoluten Horror davor, ihr Kind könne ersticken. Nun war diese Art des Todes bei der Krankheit, an der das Mädchen litt, aber leider das gängige Ende. Das Kind jedoch entschied anders und verstarb in der Nacht auf dem Bauch seiner Mutter, es ist einfach eingeschlafen und friedlich gestorben. Interessanterweise hat auch der Herzmonitor keinen Alarm geschlagen, obwohl das Mädchen daran angeschlossen war. Trotz des großen Verlustes war diese Art des Sterbens für die Mutter eine unglaubliche Beruhigung! Es geht aber, wie Sie richtig sagen, um die Selbstbezogenheit des Sterbenden, seine Wünsche und Bedürfnisse stehen an erster Stelle. So ein Sterbender wird ja dem Ende zu immer „durchsichtiger“, steht zwischen den Welten und sieht manchmal Dinge, die wir nicht sehen. Diese Realität – das ist essentiell – muss man absolut ernst nehmen!

 

Die Paten sind ja teilweise über Jahre hinweg in Familien eingebunden. Wie gehen diese Menschen mit dem Tod um?

UTE KÖHLER: In der Supervision können die Paten ihre Erfahrungen austauschen und einen Blick auf das werfen, was sie bedrückt. Wir haben zudem noch ein internes Abschiedsritual, bei dem wir einen Schmetterling bemalen und über das Erlebte sprechen. Das Abschiedsbuch, in das die Eltern, Geschwister und Paten etwas niederschreiben, ist bei allen Treffen mit dabei. Natürlich gibt es auch Abschiedsrituale mit der Familie, die uns Begleiter, wenn wir dabei erwünscht sind, gut tun. Wenn es erlaubt ist, sind wir zudem auch bei der Beerdigung des Kindes mit dabei. Da die Paten über den Tod des Kindes hinaus noch weiter in der Familie tätig sind, können wir in der darauffolgenden Zeit noch einiges aufarbeiten. Diese Nachbetreuung ist für den Paten genauso wichtig wie für die Familie.

 

So ein Trauerritual ist doch etwas sehr Wichtiges. Meist wird in unserem Kulturkreis der Leichnam aber unmittelbar nach dem Tod abtransportiert, anstatt dass man die gesetzlich zugestandene Zeit nutzt, um sich zu Hause in vertrauter Umgebung von dem Menschen zu verabschieden.

UTE KÖHLER: Alles rund um den Tod ist nun einmal hier bei uns ein Tabuthema. Ich kann die Familien nur ermutigen und unterstützen, das verstorbene Kind nicht sofort wegzugeben, sondern sich noch einmal intensiv von dem Menschen zu verabschieden. In diesen wenigen Stunden kann den Hinterbliebenen ganz viel bewusst werden, es ist eine Zeit des Begreifens … das Heben und Senken des Brustkorbs bleibt aus, der Körper wird kalt, die Haut- und Muskelspannung nimmt mehr und mehr ab, und der Körper verändert sich – es ist nur die Hülle, die wenig mit dem Wesen des geliebten Menschen zu tun hat, und das Gefühl von Hoffnung kann trotz des Verlustes den Raum erfüllen!

So ein Ritual hilft dabei, dass die Trauer letztlich nicht über die Angehörigen siegt! Viele Dinge, die man sich zu Lebzeiten nicht traute zu sagen, können in so einem Rahmen ihren heilsamen Ausdruck finden, sei es durch Schlüsselsätze, Tränen, Zeichnungen, rituelle Handlungen, Gebete, egal – was von innen nach außen fließt, ist in solch einem Rahmen äußerst bedeutsam! Für eine Mutter, deren Kind wir begleiten durften, war zum Beispiel der Moment, wenn der Sarg in die Erde gelassen wird, eine unerträgliche Vorstellung. Der Augenblick war für sie weit weniger schlimm, nachdem sie sich zu Hause ausgiebig von ihrem Kind verabschieden konnte. Sie sagte mir damals, dass für sie der Zeitpunkt des Loslassens gekommen war, als der Leichnam im Beisein ihrer Familie aus dem Haus geholt wurde und der Deckel auf den Sarg kam. Es hat ihr inneren Frieden gegeben, dass sie die Situation in der Familie durchstehen konnte und nicht in der Öffentlichkeit dazu gezwungen wurde. Wichtig ist bei der Trauerarbeit, dass man sich die nötige Zeit nimmt, die ganz individuell ist und in unserer schnellebigen Gesellschaft oft verkannt wird.

 

Welche Rolle spielt der Glauben bei dieser Tätigkeit?

UTE KÖHLER: Irgendeine Glaubensform spielt bei allen Paten eine Rolle, nicht zuletzt, weil die Frage „Wieso lässt Gott das alles zu?“ in den Familien irgendwann auf den Tisch kommt! Grundsätzlich muss sich natürlich jeder selbst die Frage stellen, welche Beziehung er zu Gott pflegen möchte, für mich persönlich ist sie ein äußerst wichtiger Bestandteil meines Lebens, da ich aus dem Wissen, es gibt ein Netz der Liebe, das mich trägt, Hoffnung schöpfe. Es ist aber natürlich nicht meine Aufgabe, in den Familien durch Glauben Hoffnung zu stiften. Ich benötige den Glauben an Gott für mein Leben!

 

Wie sieht Ihr eigenes Verhältnis zum Tod aus?

UTE KÖHLER: Ich hatte früher eher Angst vor dem Sterben, weil ich, wie die meisten Menschen, keinerlei Erfahrungen damit hatte. Durch meine Arbeit fand aber irgendwann ganz unbewusst ein Wandel in mir statt, der Stück für Stück in mir gewachsen ist. Heute kann ich nur sagen, dass ich von einem Leben nach dem Tode überzeugt bin. Für mich gibt es ein Jenseits und ein Weiterleben nach dieser Zäsur, vor allem aber gibt es für mich Hoffnung jenseits des Sterbeprozesses. Ich vertraue fest darauf, dass ich das Hinübergehen genauso gut ertragen kann wie die Kinder und Familien, die mir das so oft, so mutig vorgelebt haben! Ich kann nur immer wieder ermuntern, sich mit diesem Pol des Daseins zu beschäftigen, denn paradoxerweise schärft dies den Blick aufs Leben und bereichert die eigene Existenz dabei. Dadurch hat man die Chance, ein ehrlicheres, authentischeres Leben zu leben.

Das Gespräch führte Mehmet Yesilgöz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert