Jenseits des Todes | Sharon Hewitt-Rawlette im Gespräch

Für Ihr Buch „Beyond Death“ (Jenseits des Todes) sammelte die US-amerikanische Philosophin und Sterbeforscherin Dr. Sharon Hewitt-Rawlette „die besten Beweise für das Überleben des Bewusstseins“ auch nach dem körperlichen Tod.

In diesem Thanatos-TV-Interview geht es um Nahtod- und Reinkarnationserlebnisse, um Nachtodkontakte und die Bedeutung sogenannter Zufälle sowie um die Notwendigkeit neuer wissenschaftlicher Forschungen.

Jenseits des Todes | Sharon Hewitt-Rawlette im Gespräch

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Guten Tag Dr. Rawlette. Es ist schön Sie kennenzulernen. Ich würde Sie zunächst gerne vorstellen. Sie sind Forscherin, haben in Philosophie promoviert und mehrere Bücher über Parapsychologie, Bewusstsein und Spiritualität verfasst. Ihr neuestes Werk trägt den Titel „Beyond Death“, übersetzt „Jenseits des Todes“, mit dem Untertitel „Die besten Beweise für das Überleben des Bewusstseins.“ Es handelt sich um einen preisgekrönten Text, der eine Vielzahl von Nachweisen von Ärzten, Wissenschaftlern und anderen hochqualifizierten Forschern enthält. Ich freue mich sehr darauf, heute mit Ihnen über dieses Buch zu reden.

RAWLETTE: Ich freue mich ebenfalls und bedanke mich für die Möglichkeit, auf Ihrer Plattform sprechen zu können.

Dr. Rawlette, die Fallbeispiele in Ihrem Buch sind in zwei Kategorien unterteilt: Es gibt solche der dritten Person und solche der ersten Person. Würden Sie bitte den Unterschied zwischen diesen beiden Kategorien erläutern? 

RAWLETTE: Sehr gerne. Die Fallbeispiele mit dritten Person stammen von Menschen, die Phänomene erlebt haben, welche auf die Kommunikation mit jemandem, der bereits verstorben ist, hindeuten. Dabei handelt es sich beispielsweise um Erscheinungen von Verstorbenen oder um Traum-Begegnungen mit Verstorbenen. Auch mediale Botschaften und Poltergeist-Phänomene zählen dieser Kategorie. Fälle mit der ersten Person stammen dagegen von Menschen, die das Sterben und den „Übergang auf die andere Seite“ am eigenen Leib erfahren haben. Das bekannteste Beispiel hierfür wären wohl Nahtoderfahrungen, also Fälle, in denen Menschen an der Schwelle des Todes waren, weshalb sie nach ihrer Rückkehr von ihren Erlebnissen berichten können. Weitere Beispiele dieser Kategorie sind Fälle von Kindern, die Erinnerungen an ein Leben in einem anderen Körper haben. Viele erinnern sich dabei nicht nur an das Leben im anderen Körper, sondern auch an dessen Tod und den darauf folgenden Bewusstseinszustand, in dem sie zwar körperlos, aber sich ihrer selbst bewusst sind und sogar mit anderen Menschen interagieren. Meiner Meinung nach sind beide Kategorien äußerst wichtig, um die Beweise für das Überleben des Bewusstseins wirklich verstehen zu können. 

Die Fälle in Ihrem Buch sind wirklich sehr beeindruckend. Lassen Sie uns zunächst über die Fälle mit einer dritten Person sprechen. Gibt es einen besonders faszinierenden Fall, von dem Sie erzählen möchten?

RAWLETTE: Ja, der folgende ist besonders interessant, da hier zwei verschiedene Arten von Phänomenen miteinander verschmelzen. Es ging um eine junge Frau, die vorübergehend das Haus ihrer Tante bewohnte, von dem bekannt war, dass es dort angeblich spukte, weil in einem der Zimmer wiederholt Erscheinungen gesichtet worden waren. Eines Nachts schlief die junge Frau in dem besagten Zimmer, hatte jedoch vorher die Tür verschlossen. 

Mitten in der Nacht wachte sie auf und bemerkte, dass sich noch jemand im Zimmer befand, jemand, der wie ein Dienstmädchen gekleidet war. Die Gestalt näherte sich ihrem Bett, beugte sich zu ihr und versuchte mit ihr zu sprechen, wobei aber kein Ton herauskam. Verständlicherweise bekam die junge Frau Angst und zog sich die Decke über den Kopf. Als sie wieder hervor schaute, war die Erscheinung verschwunden. 

Einige Wochen oder sogar Monate später war die junge Frau mit einer Freundin unterwegs, die sich mit der Kommunikation mit Geistern beschäftigte. Ich bin mir nicht sicher, ob sie ein Tischrücken veranstaltet oder vielleicht ein Ouija-Brettes verwendet hatte. Zugetragen hatte sich das Ganze im späten 19. oder im frühen 20. Jahrhundert, demnach könnte beides zutreffen. 

Die junge Frau entschloss sich mitzumachen, und so veranstalteten sie eine Séance, um mit der geistigen Welt zu kommunizieren. Dabei empfingen sie Botschaften von einem Geist, der sich als Sarah Clark ausgab, doch dieser Name war der jungen Frau nicht bekannt. Die Wesenheit erklärte, dass sie vor etwa 40 Jahren ein Dienstmädchen im Hause ihrer Tante gewesen und dass sie der jungen Frau sogar im Schlafzimmer des Hauses erschienen sei. Der Grund für ihre wiederholten Erscheinungen sei, dass sie während ihrer damaligen Tätigkeit als Dienstmädchen einige Gegenstände im Haushalt der Familie gestohlen habe. Darunter befände sich auch eine Zuckerschale aus Silber. Sie erwähnte noch ein oder zwei weitere spezifische Gegenstände. Abschließend sagte sie, sie sei zurückgekommen, um für diese Diebstähle um Vergebung zu bitten. 

Die junge Frau wusste anfangs nicht, ob das der Wahrheit entsprach, da sie den Namen Sarah Clark noch nie zuvor gehört hatte. Doch kurze Zeit später besuchte sie ihre Tante und erzählte ihr, dass sie eine Botschaft von einer gewissen Sarah Clark erhalten habe und fragte, ob ihr der Name geläufig sei. „Ja, das ist er“, antwortete die Tante. „Sarah Clark war ein Dienstmädchen in unserem Haushalt. Sie schien jedoch sehr vertrauenswürdig zu sein. Wir haben sie nie des Diebstahls verdächtigt. Es stimmt allerdings, dass damals einige Gegenstände verschwunden waren, unter anderem eine silberne Zuckerdose.“

Dann sagte ihre Tante: „Ich weiß nicht ob sie diese Dinge wirklich gestohlen hat oder nicht. Aber wenn sie es gewesen sein sollte, dann verzeihe ich ihr gerne. Sie kann ruhigen Gewissens weiter ziehen und braucht sich darüber keine Sorgen mehr zu machen.“ Von diesem Zeitpunkt an wurde die Erscheinung nie wieder im Schlafzimmer gesehen. 

Bei diesem Fall lässt sich eine Verflechtung zwischen Medialität und Erscheinung feststellen, und das Interessante daran ist nicht nur die Tatsache, dass spezifische Details angegeben und sogar, in diesem Fall von der Tante, verifiziert werden konnten. Interessant ist auch, dass solche Erscheinungen, die von vielen Menschen wahrgenommenen werden – meist ohne dass sie sich verbal äußern –, mehr sind als nur übrig gebliebene Hologramme der Vergangenheit. Offenbar handelt es sich, zumindest in einigen Fällen, tatsächlich um bewusste Wesenheiten mit bestimmten Absicht oder Zielen, denen etwas auf dem Herzen liegt, das sie gelöst haben möchten. Deshalb erscheinen sie immer und immer wieder, so lange, bis ihre Botschaft vermittelt ist und sich um das Anliegen gekümmert werden konnte. Dann verschwindet das Phänomen. 

Sehr interessant. Das ermutigt dazu, die Dinge schon während des Erdenlebens richtig zu machen, denn offenbar endet das Sein nicht mit dem Tod. 

RAWLETTE: Es ist tatsächlich keine schöne Vorstellung, irgendwo festzustecken und herausfinden zu müssen, wie man mit all den Menschen, die man im Laufe des Lebens verletzt hatte, wieder in Verbindung kommen kann. 

Umso schöner ist es, bereits jetzt zu realisieren, dass das Leben nicht mit dem Tod endet. Damit haben wir noch genug Möglichkeiten und Zeit dazu, Angelegenheiten zu klären und in Ordnung zu bringen.

RAWLETTE: Absolut! 

Da wir gerade von faszinierenden Fällen sprechen: Gibt es ein Phänomen oder einen Erste-Person-Fall, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

RAWLETTE: Eine ganze Menge sogar, denn diese Fälle erachte ich als besonders wichtig. Oftmals habe ich das Gefühl, dass sie in der Literatur ein wenig untergehen. Viele Autoren, die Bücher über die Beweise für ein Leben nach dem Tod geschrieben haben, gehen zwar auf Nahtoderfahrungen oder Erinnerungen an frühere Leben ein, legen jedoch den Fokus auf Erscheinungen und Medialität. Ich finde das irgendwie amüsant, weil doch gerade Berichte aus der Erste-Person-Perspektive zusätzliche Bestätigungen liefern. Man sollte sie nicht einfach abtun und behaupten, es handle sich einfach um irgendwelche illusionären Nachtod-Kontakte. Nein, es geht um tatsächliche Wahrnehmungen. 

Aber zurück zur Frage: Die meiner Meinung nach bemerkenswertesten Fälle sind die, bei denen sich Menschen nicht nur an frühere Leben erinnern, sondern auch daran, dass sie nach dem Ableben des Körpers immer noch existierten und sich sogar noch daran erinnern, wie sie versucht haben, mit ihren Hinterbliebenen zu kommunizieren. 

Das klingt beeindruckend!

RAWLETTE: In der Tat. Derartige Fälle sind zwar, zumindest in der verifizierbaren Forschungsliteratur, selten, aber wir haben dennoch genügend, um zu sehen, dass sie viel aussagen und sich weitere Untersuchungen in diesem Bereich definitiv lohnen würden. 

Lassen Sie mich überlegen, welchen ich schildern soll … In Ordnung, nehmen wir einen Fall, der sich in Südostasien zugetragen hatte und von Ian Stevenson untersucht worden ist. Dessen Name ist vermutlich jedem geläufig, der sich auf dem Gebiet der Reinkarnationsforschung auskennt, denn hier hat Ian Stevenson sehr viel Arbeit geleistet. Den folgenden Fall hatte er besonders sorgfältig untersucht. Es ging um einen kleinen Jungen, der detaillierte Erinnerungen an ein früheres Leben hatte. Soweit ich weiß, war seine frühere Persönlichkeit in keiner Weise mit seiner derzeitigen Familie verwandt. Es kommt nämlich oft vor, dass Menschen innerhalb derselben Familie reinkarnieren, aber dem war hier nicht so. Er wurde nicht als das Kind seiner eigenen Tochter oder seines Sohnes wiedergeboren, sondern erinnerte sich an ein Leben in einer komplett fremden Familie. Anhand der Angaben des kleinen Jungen konnte Ian Stevenson diese Familie tatsächlich ausfindig machen. 

Nun, eine der Erinnerungen des Jungen war, dass er nach seinem Tod im vergangenen Leben seiner Frau im Traum erschienen war. Er erinnerte sich noch genau, was er gesagt hatte. Er kam nämlich im Traum zu ihr, um der Witwe mitzuteilen, wo sie Geld finden könne, welches er zurückgelassen hatte. Er sagte ausdrücklich, dass es sich um einen 5er-Schein handle, der in einem Korb liege und mit einem weißen Taschentuch bedeckt sei.

Es gab noch eine Menge anderer Details in diesem Bericht. Der kleine Junge wollte wissen, ob sich die Frau, mit der er einst verheiratet gewesen war, an den besagten Traum erinnern könne. Ian Stevenson ging dem nach und tatsächlich: Sie erinnerte sich daran, dass ihr damaliger Mann nach seinem Tod zu ihr kam und ihr von einem 5er-Schein in einem Korb mit einem weißen Taschentuch erzählt hatte. Sie habe das Geld auch genauso vorgefunden. Es war zwar eine sehr geringe Geldsumme, umgerechnet ging es vielleicht nur um ein paar Dollar, aber entscheidend war vor allem die Bestätigung, dass ihr Mann noch am Leben war – und dass er offenbar im Körper dieses kleinen Jungen eine neue Existenz begonnen hatte.

Das ist wirklich faszinierend. Spannend ist auch, dass anscheinend nicht viel Zeit zwischen den Reinkarnationen vergehen muss. Man fragt sich vielleicht hin und wieder, ob es sich um ein Jahr handelt, um 10 Jahre oder vielleicht sogar um 100 Jahre. Offenbar muss es keine lange Zeitspanne sein.

RAWLETTE: Nein, das muss es nicht, und es scheint so, als ob die Länge der Zeitspanne sogar kulturell abhängig ist. Bei den Drusen im Libanon besagt der religiöse Glaube, dass Reinkarnationen genau zum Zeitpunkt des Todes im vorherigen Leben stattfinden. Dem Tod folgt also unmittelbar eine Wiederverkörperung. 

Die Fälle, die Ian Stevenson im Libanon erforscht hat, bestätigen das zwar nicht genau so, aber die Zwischenzeit war in der Regel doch relativ kurz. Das könnte erklären, warum die Drusen von einer sofortigen Reinkarnation ausgehen, denn anscheinend geschieht es in ihrer Kultur tatsächlich relativ schnell. In anderen wiederum ist manchmal eher das Gegenteil der Fall. Es ist eben sehr unterschiedlich. So ist es in manchen Kulturen eher üblich, dass Kinder innerhalb der gleichen Familie wiedergeboren werden. Es gibt viele Fälle, in denen Kinder als ihre eigenen Enkel oder Urenkel zurückkommen. Normalerweise reinkarnieren sie etwa zwei Generationen später. Wenn ich mich recht entsinne, scheint die Länge der Zwischenzeit auch mit der Art und Weise des Todes zu korrelieren. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich meine mich zu erinnern, dass die Zeitspanne bei einem gewaltsamen Tod vergleichsweise kurz ist. 

Spannend! 

RAWLETTE: Ja, es gibt immer mehr und mehr äußerst interessante statistische Vergleiche zwischen den Kulturen, da mittlerweile immer mehr Studien zu diesen Fällen durchgeführt werden.

Dann folgt nun die große Frage: Weshalb sind all diese Phänomene ihrer Meinung nach überhaupt möglich?

RAWLETTE: Nun, ich denke, sie sind deshalb möglich, weil das Bewusstsein letztlich einen viel wichtigeren Stellenwert einnimmt, als unsere Kultur derzeit anerkennt. Seit ein paar hundert Jahren haben wir, zumindest in den intellektuellen Kreisen, die Vorstellung, dass das Bewusstsein vom Gehirn geschaffen wird oder immer damit zusammenhängen muss. Wenn man also kein funktionierendes Gehirn mehr hat, dann gibt es folglich auch kein Bewusstsein mehr. 

Selbstverständlich entsteht mit solch einer Sichtweise ein großes Fragezeichen, wenn es darum geht, wie es denn für jemanden möglich ist, nach seinem körperlichen Tod immer noch bewusst zu sein, trotz Hirnversagens. Vor allem die Art von Fällen, über die wir gesprochen haben, aber auch Nahtoderfahrungen lassen ein großes Rätsel entstehen. 

Führen Sie sich vor Augen, dass 5 bis 15 Prozent der Bevölkerung bereits eine Nahtoderfahrung gemacht hat. 5 bis 15 Prozent der Menschen, die Sie treffen! Das verdeutlicht, wie allgegenwärtig diese Erlebnisse sind. Immer mehr Forscher ziehen mittlerweile in Erwägung, dass unser Bewusstsein doch nicht vom Gehirn abhängig sein könnte und beginnen das gegenwärtige Paradigma zu hinterfragen. 

Wie also könnte man den Zusammenhang zwischen Bewusstsein und Gehirn betrachten? Der für mich beste Ansatz, auf den ich natürlich nicht von alleine gekommen bin, sondern der aus vielen gut durchdachten Theorien hervorgeht, ist der, dass Bewusstsein die grundlegendste Realität in unserer Welt ist. Die physische Welt ist demnach etwas, das in diesem Bewusstsein existiert. Wenn man nachts etwas träumt, dann stellt man sich den Ort, an dem man sich im Traum befindet, nicht als einen physischen Ort vor, der irgendwo da draußen existiert. Er befindet sich nur im Inneren. Nun, diese Theorie besagt, dass die physische Welt, in der wir alle gemeinsam unsere Erfahrungen teilen, ebenfalls einer solchen Traumwelt vergleichbar ist. Sie existiert letztlich im Geist und wird durch Erfahrungen geschaffen, die wir alle als bewusste Wesen erleben, und wir haben es irgendwie geschafft, unsere Erfahrungen innerhalb dieser Welt so zu koordinieren, dass wir alle in diesem Raum miteinander interagieren können. Doch letztendlich ist die physische Welt nicht die ultimative Realität. Es handelt sich lediglich um einen kleinen Teil unseres Bewusstseins, der sich dafür entschieden hat, gerade jetzt diese spezielle Erfahrung zu machen. 

Eine Analogie, die ich gerne verwende, ist die Vorstellung, dass unsere physische Realität wie ein Videospiel ist. Wenn man im Wohnzimmer sitzt und ganz vernarrt in das Spiel eintaucht, gerade als Kind, dann wird alles drum herum irrelevant, der Fokus liegt einzig und allein darauf, das nächste Level zu erreichen. In diesem Moment gibt es nichts anderes. Aber wenn das Videospiel zu Ende ist oder von der Mutter ausschaltet wird, weil es endlich an der Zeit ist, wieder etwas anderes zu tun, dann erwacht man aus der Trance, und es wird einem erst klar, dass man die ganze Zeit im Wohnzimmer gesessen hat. Man bemerkt nun wieder all die Leute und Dinge, die die ganze Zeit um einen herum waren. In etwa so stelle mir das Sterben vor. Es ist, als ob plötzlich das Videospiel abgeschaltet wird. 

Und wir erkennen, dass es so viel mehr gibt als das, was wir vorher erkennen konnten, weil wir einfach so sehr darauf fokussiert waren, das nächste Level im Spiel zu erreichen. 

Eine wirklich schöne Metapher, und sie erinnert mich an einige Dinge, die Dr. Eben Alexander in einem unserer früheren Interview beschrieben hatte. Er sagte, dass ihm während seiner Nahtoderfahrung alles so unglaublich lebendig und klar erschien, besonders die Klänge und die Farben, und dass das physische Leben im Vergleich dazu wie der eigentliche Traumzustand erschien. Das trifft sich exakt mit dem soeben Gesagten. 

RAWLETTE: Stimmt. Ich selbst hatte noch nie eine Nahtoderfahrung, aber nach dem zu urteilen, was andere berichten, ist dieses Erleben viel realer als unsere derzeitige Realität. Alles ist so viel lebendiger, und für manche Gegebenheiten findet man nicht einmal Worte, selbst wenn man sie erklären wollte. Die Videospiel-Analogie scheint das ziemlich gut zu verdeutlichen, denn wenn man die ganze Zeit auf einen Bildschirm fokussiert war und dann plötzlich anfängt die reale Welt zu betrachten, denkt man auch: „Wow, die Auflösung hier ist ja großartig, das ist ja Super-HD.“ 

Die Sinne während des Videospieles waren auf den visuellen und akustischen Input begrenzt. Aber wenn man daraus erwacht, realisiert man plötzlich, dass man noch über andere Sinne verfügt. Man kann Dinge riechen, man kann sie anfassen, all das konnte man während des Spiels nicht tun, weil es eben eine sehr begrenzte Art von Realität war. Es ist ein wirklich hervorragender Vergleich. 

Auch, weil das Videospiel zweidimensional ist, wir aber in der dritten Dimension leben. Vielleicht gibt es außerhalb der physischen Welt noch höhere Dimensionen. 

RAWLETTE: Genau. Stellen Sie sich vor, Sie versuchten jemandem in dem Videospiel zu erklären, dass das Bewusstsein nach dem Tod weiterlebt oder dass es möglich ist, doch noch zu leben, nachdem der Avatar gestorben ist, wo das Leben überhaupt stattfindet usw. Man könnte jemandem in dieser Umgebung nicht erklären, wo sich das Wohnzimmer befindet, da es in der Welt des Videospiels keinen Platz hat. Es ist einfach eine ganz andere Dimension. 

Sie hatten erwähnt, dass Sie selbst keine Nahtoderfahrung hatten. Haben Sie andere paranormale Phänomene erlebt? Eine außerkörperliche Erfahrung, veränderte Bewusstseinszustände oder etwas anderes, das ihr Weltbild geprägt hat?

RAWLETTE: Eine außerkörperliche Erfahrung habe ich bislang noch nicht gehabt, zumindest keine, an die ich mich erinnern würde. Ich sage grundsätzlich immer, dass ich keine übersinnlichen Fähigkeiten besitze. Aber einige übersinnliche Erfahrungen habe ich doch erlebt, meistens im Traumzustand. Ob ich meinen Körper während des Träumens verlasse, das kann ich nicht sagen, aber was ich sagen kann, ist, dass ich bereits viele Träume hatte, die mir genaue Informationen über das Leben anderer Menschen geliefert haben oder Informationen über etwas, das mir in der Zukunft passieren würde. Trotzdem waren es nicht meine eigenen Erfahrungen, die mich dazu gebracht haben, dieses Thema ernst zu erforschen. Das kam erst später. Ich war sogar ziemlich skeptisch all diesen Phänomenen gegenüber – bis ich Ende 20 war, denn dann begegnete ich vermehrt sogenannten Zufällen und Synchronizitäten. Und nicht alle waren so banal, dass man sie einfach hätte abtun können. 

Anfangs war mir die Bedeutung bestimmter Ereignisse noch unklar, aber ich behielt sie im Hinterkopf. Später jedoch hatte ich einige wirklich bemerkenswerte Erlebnisse. Das wichtigste darunter stellte für mich einen Wendepunkt dar, der mich letztlich dazu angeregt hat, im Jahr 2015 mein erstes Buch über Parapsychologie zu schreiben. Es trägt den Titel „Der Ursprung und die Bedeutung von Zufällen.“ 

Ich war damals seit etwa zwei Jahren von meinem Ex-Verlobten getrennt. Zuvor hatten wir in Frankreich gelebt, weil er Franzose ist. Wir hatten dann keinen Kontakt mehr und haben beide andere Partner geheiratet. Doch einige Jahre später musste ich plötzlich wieder an ihn denken. Ich fragte mich, ob er glücklich sei, wollte ihm von meinem Leben erzählen und wie zufrieden ich damit war. Doch ich hatte das Gefühl, dass ich nun, als verheiratete Frau, nicht mit ihm kommunizieren sollte. Ich fühlte mich einfach nicht wohl bei dem Gedanken, auch meinem Mann gegenüber. Und dennoch musste ich konstant an diesen Menschen denken. 

Eines Tages waren wir mit ein paar Freunden in Pennsylvania unterwegs, in einer unbekannten Gegend. Wir suchten nach einem Lebensmittelgeschäft und holten zur Unterstützung unsere Handys heraus. Meine Freundin fuhr das Auto und fragte ihr Handy nach dem nächstgelegenen Lebensmittelladen. Da sie am Steuer saß, reichte sie mir das Telefon, damit ich auf die Karte schauen und entscheiden konnte, wohin wir fahren sollten. Das Handy zeigte eine Liste der nächstgelegenen Lebensmittelläden in Pennsylvania. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ich dieses Telefon noch nie zuvor angefasst hatte, und dass wir im Jahr 2015 waren, also noch bevor Telefone die ganze Zeit über Gespräche mithören konnten. Damals gab es auch die heute übliche gezielte Werbung noch nicht. Jedenfalls drückte ich dann auf den Button „Karte“, damit ich alle Lebensmittelgeschäfte auf der Karte sehen konnte. Doch als die Karte geladen war, zeigte sie mir nicht mehr die Geschäfte in Pennsylvania an, sondern fünf französische Lebensmittelgeschäfte, die mit jeweils fünf französischen Städtenamen verbunden waren. Ich kannte keinen davon, außer einen einzigen, konnte mich aber nicht erinnern, wo genau das in Frankreich war. Ich wandte mich an meine Freundin und sagte: „Jetzt zeigt es mir Geschäfte in Frankreich an, ist das nicht seltsam? Ich verstehe das nicht.“ Daraufhin sie: „Seltsam. Ich habe mein Telefon noch nie dafür benutzt, um etwas in Frankreich zu suchen.“ 

Wir hatten im Auto nie über Frankreich gesprochen, es war überhaupt kein Gesprächsthema an diesem Tag, und doch hatte mir das Handy plötzlich diese Städte angezeigt. Als ich einige Tage später wieder nach Hause kam, habe ich den Namen der Stadt gegoogelt, den ich von der Karte kannte. Es stellte sich zu meinem Verblüffen heraus, dass die Stadt in der Bretagne lag, also genau in der Region, in der mein Ex lebte. Als ich das sah, war ich sicher, dass hier mehr dahinter stecken musste. Vielleicht ist das ein Indikator dafür, dass ich doch ein wenig übersinnlich bin, wer weiß? Jedenfalls war ich davon überzeugt, dass mir das Gerät bestimmt gezeigt hatte, wo sich mein Ex an diesem Tag befand. Ich wusste nicht, wie ich das verifizieren konnte, gab aber seinen Namen und das Datum in die Google-Suche ein. Er ist nämlich ebenfalls Autor, und vielleicht würde sich auf wundersame Weise klären, wo er sich zu dem Zeitpunkt befand. Und tatsächlich: Es erschien eine Seite seines Blogs, auf der einige Veranstaltungen angekündigt waren, an denen er teilnahm, und eine davon fand an dem Tag statt, an dem mir die französischen Städte angezeigt wurden, und zwar nur zwei Meilen von dem Lebensmittelgeschäft entfernt, welches ich auf dem Handy gesehen hatte. 

Von da an wusste ich, dass das nicht Zufall, sondern dass da irgendetwas anderes im Gange war. Ich werde die Geschichte nicht weiter ausführen, aber Fazit ist, dass diese Fügung oder dieser sogenannte Zufall dazu geführt hat, dass ich, natürlich in Absprache mit meinem Mann, zu meinem Ex Kontakt aufgenommen habe und wir uns gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht haben. Dabei erfuhr ich, dass er nur wenige Tage nach diesem Ereignis Vater wurde. Es war also der perfekte Zeitpunkt, um wieder aufeinander zuzugehen und um über die nächsten Kapitel in unseren Leben miteinander zu sprechen. Letztlich war es eine sehr heilende, transformierende Erfahrung, die mit diesem verrückten Ereignis mit dem Telefon begonnen hatte. 

Oft stimmen die Umstände im Leben auf wundersame Weise so perfekt überein, dass man den Eindruck bekommt, dass es noch etwas anderes geben muss. Einen Einfluss aus höheren Ebenen oder eine höhere Macht, die diese Umstände lenkt. Manchmal erweist sich schon die kleinste Entscheidung als derartig lebensverändernd, dass das einfach kein Zufall sein kann …

RAWLETTE: Richtig, oder man befindet sich in einer Lebensphase, in der man das Gefühl hat, etwas ändern zu müssen, eine neue Richtung einzuschlagen, möglicherweise beruflich, und man hat keinen blassen Schimmer, wo man beginnen soll. So ist es zumindest mir ergangen, und ich kann mir vorstellen, dass das anderen auch passiert. Wie aus dem Nichts taucht dann die Lösung auf, man erhält beispielsweise einen Anruf und wird gefragt, ob man nicht interessiert wäre, diese oder jene Sache zu machen – und genau das ist es dann, was man haben wollte. Tatsächlich passierte es mir schon oft, dass gewisse Dinge vom Himmel zu fallen schienen, Dinge, die sich als großes Geschenk und als lebensverändernd entpuppt haben. Wenn das nur ein- oder zweimal passiert, dann ist es vielleicht reiner Zufall, aber nicht bei der Häufigkeit, wie ich sie erlebt habe.

Das war einer der Gründe, warum ich das erste Buch „The Source and Significance of Coincidences“ geschrieben habe. Meine Absicht war es, Geschichten anderer Menschen über dieses Thema mit der Welt zu teilen, und zwar auch im Kontext anderer Phänomene, die Menschen erleben. All die Beweise für das Überleben des Bewusstseins aus dem Buch „Beyond Death“ sind also nicht nur wichtig um zu verstehen, dass Erscheinungen, Träume usw. Belege für ein Leben nach dem Tod liefern, sondern dass etwa auch Synchronizitäten relevant sind, da sie häufig zur Kommunikation mit verstorbenen Angehörigen gehören. Manchmal kann das wie ein reiner Zufall erscheinen, vor allem, wenn einem solche Erfahrungen noch fremd sind. Aber wenn man diese Übereinstimmungen durch die Linse all der anderen Beweise für das Weiterleben des Bewusstseins betrachtet, dann erscheinen die sogenannten Zufälle als Umstände, die von einem geliebten Menschen gesteuert werden, der sich mitzuteilen versucht.

Sie haben das Wort „übersinnlich“ benutzt. Glauben Sie, dass es möglich ist, übersinnliche Fähigkeiten zu entwickeln oder freizusetzen? Und wenn ja, wie könnte man das tun? 

RAWLETTE: Ich denke, dass es möglich ist, und ich glaube, der erste Schritt dafür ist, Begebenheiten mehr Aufmerksamkeit zu schenken, Synchronizitäten im Leben ernst zu nehmen. Gleiches gilt auch für Träume und die Intuition im Wachzustand, ganz gleich, wie unbedeutend sie zunächst auch erscheinen mag. So wie in meiner Geschichte mit dem Telefon, bei der ich von Anfang an spürte, dass hier mehr passieren wird. 

Wir haben oft Eingebungen, daher ist es wichtig, ihnen nachzugehen und sie auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Manchmal liegt man damit tatsächlich richtig, und manchmal stellt man fest, dass die Intuition doch nur Einbildung war. Aber nur wer testet und überprüft, beginnt seine Unterscheidungsfähigkeit zu schulen, um zwischen echten, intuitiven Informationen und der eigenen Vorstellungskraft differenzieren zu können. Man sollte also aufmerksamer sein, den Informationen nachgehen, die man glaubt bekommen zu haben, und sie auf ihre Richtigkeit überprüfen. 

Es gibt viele Kurse auf dem Markt, die von Menschen mit fortgeschrittenen intuitiven Fähigkeiten entwickelt worden sind, und viele von ihnen empfehlen Meditation oder das Aufschreiben von Träumen. Das ist beispielsweise etwas, was ich selbst gerne tue und als sehr nützlich empfinde. Jeden Morgen schreibe ich meine Träume auf, unabhängig davon, ob ich sie für bedeutsam halte oder nicht. Manchmal erscheinen sie ziemlich verrückt, und ich kann nicht auf Anhieb verstehen, was sie bedeuten könnten. Ich schreibe sie dennoch auf, meistens im Halbschlaf, und wenn ich dann im Laufe des Tages oder der Woche meine Notizen noch einmal betrachte, dann wird mir oft tatsächlich eine Bedeutung klar. Gerade anhand bestimmter Details bin ich dann in der Lage zu erkennen, dass das im Nachhinein Erlebte mit dem Aufgeschriebenen übereinstimmt. 

Aber wenn man keine Aufzeichnungen führt, dann übersieht man sehr wahrscheinlich seine bereits vorhandene Intuition oder Übersinnlichkeit. 

Inwiefern hat die Erforschung der Parapsychologie und die intensive Beschäftigung mit dem Bewusstsein Ihr Leben im Laufe der Jahre beeinflusst?

RAWLETTE: Nun, abgesehen davon, dass ich meinen beruflichen Werdegang komplett geändert und all diese Bücher verfasst habe, ist es einfach ein grandioses Thema. Ich liebe es, diese Dinge zu erforschen und immer mehr dazuzulernen. Es hat mein Leben verändert, weil es mir dabei verholfen hat, die Welt noch mehr zu bewundern. Ich habe das Gefühl, dass ich jeden Tag etwas Neues und Faszinierendes über die Existenz gelernt habe, was äußerst bereichernd ist. Auch mein Vertrauen ist größer geworden. Ich bin ein sehr analytischer Mensch. Ich leide zwar nicht unter großen Ängsten, aber ich mache mir schon Sorgen. Ich versuche stets herauszufinden, wie ich Probleme in meinem Leben vermeiden und was ich besser machen kann, um mein künftiges Wohlergehen sicherzustellen. Ich fokussiere mich also gerne darauf, die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen und mein Leben zu kontrollieren, soweit ich das kann. Zu erfahren, dass es noch andere Wesen gibt, die mit mir interagieren und all diese Zufälle produzieren, die Dinge für mein Leben ordnen, das hat mir sehr dabei geholfen zu entspannen. 

Wenn ich auf diesen Weg zurückblicke und all die wundervollen Begebenheiten betrachte, dann erkenne ich, dass meine harte Arbeit nur ein Grund für dieses Resultat ist. Daneben gibt es auch Umstände außerhalb meines Einflusses: Möglichkeiten, die mir geschenkt wurden oder bestimmte Menschen, die zum richtigen Zeitpunkt in mein Leben traten, um mir auf meinem Weg zu helfen. Das erkenne ich nicht nur im Rückblick auf mein eigenes Leben, sondern auch bei vielen anderen Menschen. Einige hatten das Privileg, eine außerkörperliche oder eine Nahtod-Erfahrung zu machen. Sie waren dadurch in der Lage, mit Wesenheiten, die ihnen geholfen haben, zu interagieren. Solche Geschichten helfen mir, noch mehr zu vertrauen und mein Kontrollbedürfnis loszulassen …

Ja, man sollte sich um gute Entscheidungen bemühen, aber man muss das nicht übertreiben, indem man alle Möglichkeiten, wie sich die Dinge entwickeln könnten, durchspielt. Man kann dem Leben auch offen begegnen und sich darauf freuen, was auch immer einen erwarten mag. 

Danke für diese Perspektive. Welche Gedanken hatten Sie beim Schreiben des Buches und beim Sammeln all der Daten? Konnten Sie während des Prozesses neue Erkenntnisse gewinnen?

RAWLETTE: Ich hatte mich zuvor bereits viel mit derartiger Literatur befasst, aber als ich an diesem Buch arbeitete, hat mich die Häufigkeit der Fälle überrascht, in denen Menschen außerkörperliche Erfahrungen gemacht haben und dadurch anderen erschienen sind. Derartige Fälle waren mir zwar bekannt, aber es war interessant, wie viele detaillierte Berichte es über außerkörperliche Erlebnisse gibt. Beispielsweise erinnert sich eine Person an den Besuch eines Freundes und auch an die Gespräche dort, in allen Details. Später kehrt sie in ihren physischen Körper zurück und trifft den Freund, der sie gleichzeitig als Erscheinung erlebt hatte. Er erinnert sich an die gleichen Gesprächsthemen und an den gleichen Ort. 

Ich habe das Gefühl, derartige Fälle stellen eine Verbindung zwischen der Forschung über das Leben nach dem Tod und unserem täglichen Leben her. Sie zeigen nämlich, dass unser Bewusstsein auch im körperverbundenen Zustand nicht durch den Körper begrenzt ist. Im Alltag ist es das in gewisser Weise vielleicht schon, aber wenn wir einen Weg finden, der uns in einen höheren Bewusstseinszustand führt, dann können wir in der Tat einiges von dem tun, was Menschen möglich ist, die bereits von uns gegangen sind. Wir können zum Beispiel unseren Liebsten erscheinen, die wir nicht regelmäßig sehen können, weil sie Tausende Meilen entfernt sind. Wir können auf feinstofflicher Ebene zu ihnen kommen und uns mit ihnen austauschen. 

Natürlich kommt so etwas noch nicht oft vor, und es gibt bestimmt Leute, die ein größeres Talent dafür haben als andere. Meiner Meinung nach geschieht so etwas eher in Notsituationen, wenn wir Krisen durchmachen, oder wenn wir ein besonders starkes emotionales Bedürfnis haben, eine Person zu kontaktieren. Dieses Bedürfnis scheint ein erweitertes Bewusstsein und übersinnliche Fähigkeiten zu begünstigen. Zu wissen, dass wir nicht erst auf den Tod warten müssen, um uns mit diesem höheren Bewusstsein zu verbinden, sondern dass wir es vielleicht jetzt bereits nutzen können, ist meiner Meinung nach eine großartige Entdeckung. 

Eine wichtige Erkenntnis. – Vielen Menschen sind „frühere Leben“ bereits vertraut, und offensichtlich gibt es einige, die auch Erinnerungen an vergangene Leben haben. Noch nicht so weit verbreitet scheinen mir indes Erinnerungen an die Zeit zwischen den Leben zu sein. Würden Sie bitte darauf etwas näher eingehen?

RAWLETTE: Ja, selbstverständlich. Das ist in der Tat ein weiterer wichtiger Bereich, der gerne übersehen wird – was wirklich schade ist. Wenn es um Erinnerungen an frühere Leben ging, wurde lange Zeit eine skeptische Hypothese diskutiert, in der es hieß: Nun, vielleicht ist es nicht wirklich das Bewusstsein der früheren Person, das reinkarniert. Vielleicht verbindet sich ein Kind, das solche Erinnerungen hat, nur irgendwie mental mit dieser Person oder ihrem früheren Bewusstsein. Es greife sozusagen auf tote Erinnerungen zu, denn die Person lebe nicht mehr und die Erinnerungen würden nur Gegebenheiten betreffen, die der Person widerfahren sind. Deshalb ist es wichtig, dass die Literatur, die sich mit vergangenen Leben beschäftigt, auch Fälle von Erinnerungen an die Zeit zwischen den Leben einschließt. Denn diese legen nahe, dass Kinder eben nicht nur irgendwie eine Verbindung zu vergangenen Erinnerungen von jemand anderem herstellen. Sie erleben ja nicht nur den Tod, sondern auch das, was danach passiert, und vieles davon stimmt mit dem, was Nahtoderfahrene erleben, überein. Sie schweben aus ihrem Körper heraus, halten sich bei ihrer eigenen Beerdigung oder im Kreise ihrer trauernden Familien auf und beobachten was vor sich geht, wobei sie manchmal versuchen, mit Angehörigen zu kommunizieren. Leider gelingt es meist nicht durchzudringen. Es ist, als ob ihre Stimme einfach nicht gehört würde, genau so, wie es auch von Nahtoderfahrenen geschildert wird. Es gibt mindestens zwei Fälle, in denen sich Kinder tatsächlich an ein vergangenes Leben erinnern und daran, wie sie nach ihrem Ableben ihren hinterbliebenen Liebsten begegnet sind. Sie hatten es also geschafft, sich auf irgendeine Art und Weise sichtbar zu machen, und die Betroffenen erinnern sich sogar an diese Erscheinung. Solche wechselseitigen Erinnerungen an ein und dasselbe Ereignis sind von großer Bedeutung. 

Oftmals existieren auch Erinnerungen an die Interaktion mit anderen Verstorbenen im Jenseits. 

Hinzu kommt, dass sich manche Kinder auch daran erinnern, Ereignisse gesehen zu haben, die im Leben ihrer zukünftigen Familie geschehen. Zum Beispiel, was der Mutter während der Schwangerschaft passiert. Andere Kinder erinnern aber auch Dinge aus der Kindheit ihrer Eltern. Sie haben beispielsweise das Haus gesehen, in dem ihre Mutter aufgewachsen ist, oder Erlebnisse ihrer Eltern. Es gibt sogar mehrere Fälle, in denen Kinder Zeugen ihrer eigenen Empfängnis wurden. Als Erwachsene berichteten sie ihren Eltern dann von diesen Erinnerungen. Hierzu ein amüsanter Fall: Eine junge Frau dürfte schon über 20 gewesen sein, als sie ihrer Mutter folgendes erzählte: „Ich erinnere mich daran, wie mein Vater eines Tages zum Mittagessen von der Arbeit nach Hause kam und sagte: ‚Lass uns ins Bad gehen‘, und ihr seid ins Bad gegangen. Daraufhin hast du ihm gesagt, dass du dein Diaphragma einsetzen musst, und er sagte nur: ‚Nein, mach dir keine Sorgen!‘“ Die Mutter der Frau bestätigte, dass es genau so passiert sei. „Das war das eine Mal als ich mein Diaphragma nicht benutzt habe, und nun bist du hier.“ Die Erinnerungen sind also sehr detailliert. 

Das Mädchen hatte damals wohl gedacht: Das ist meine Chance! Jetzt kann ich mit einsteigen …

RAWLETTE: Ja, richtig. Als sie den Vater sagen hörte: „Du musst dein Diaphragma nicht einsetzen“, dachte sie: „Okay, jetzt muss ich los!“ Es gibt anscheinend einen Gedankenprozess, wie man ins Physische kommt, der die Tür für die Reinkarnation in einer bestimmten Familie öffnet. 

Es existieren viele Geschichten über Kinder, die sich ihre Eltern bewusst ausgesucht und beobachtet haben, bis sie entschieden, dass das genau die Familie ist, der sie angehören wollen.  

Was ja auch sinnvoll wäre …

RAWLETTE: Ja. Einige berichten sogar davon, dass sie dabei Hilfe von ihrer geistigen Führung erhielten. Manche meinen auch, Gott oder Jesus habe ihnen bei der Wahl der für sie besten Familie geholfen. 

Vielleicht ist das jetzt etwas zu viel spirituelle Spekulation, aber meiner Meinung nach wäre es schlüssig, dass man sich, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen oder eine Lektion zu lernen, auch die richtigen Umstände suchen muss, die es ermöglichen, die Aufgaben zu meistern. Daher wäre es nur sinnvoll, das geeignete Umfeld, die passenden Eltern, das richtige Land usw. bewusst im Voraus zu wählen. 

RAWLETTE: Ich kenne einige Leute, die in der Reinkarnationsforschung tätig sind und sich mit der Erforschung von Erinnerungen zwischen den Leben befassen, die aber zögern, über diese Idee der Lebensplanung zu sprechen, weil sie das Gefühl haben, dass es nicht genügend harte Beweise dafür gibt. Es gebe nicht genügend Kinder, die detailliert darüber berichten, ihr Leben für einen bestimmten Zweck gewählt zu haben. 

Ich habe jedoch viele Erwachsene getroffen, die Erinnerungen an die Zeit vor ihrer Geburt haben, in der sie ihr Leben in irgendeiner Weise geplant haben. Auch Nahtoderfahrenen wird während ihres Erlebens oft klar, dass ihr Leben einem bestimmten Zweck gilt, was dann der entscheidende Grund dafür sein kann, warum sie wieder in ihr Leben zurückkehren. Sie könnten sonst ihre Aufgabe, die sie sich selbst vorgenommen hatten, nicht erfüllen. 

Es ist allerdings richtig, dass dieser Aspekt, zumindest in der Literatur, die sich mit den Erinnerungen zwischen den Leben befasst, nicht so deutlich wird. Aber die Forschung steckt auch noch in den Kinderschuhen. Auf Grund der parapsychologischen Literatur erscheint es jedenfalls durchaus plausibel, dass wir unsere Leben nach bestimmten Intentionen planen. 

Ein weiterer, sehr interessanter Fall aus ihrem Buch bezüglich Erinnerungen an die Zeit zwischen den Leben wurde von Elizabeth und Neil Carman in deren Buch „Cosmic Cradle“ veröffentlicht und handelt von einem kleinen Mädchen, welches sich an eine Fehlgeburt erinnert. Können Sie diesen Fall schildern? 

RAWLETTE: Die erste Erinnerung, von der das kleine Mädchen ihrer Mutter berichtete, war, dass es schon einmal in ihrem Bauch gewesen sei, bevor sie dann starb. Beim zweiten Mal sei es dann wie durch einen Reißverschluss heraus gekommen. Das war eine zutreffende Beschreibung für den Kaiserschnitt, mit dem das Kind geboren wurde. 

Ein paar Jahre später, als es sieben oder acht Jahre alt war, fuhr es mit ihrer Mutter durch eine Gegend, die es nicht kennen konnte, und sagte, als es ein relativ unscheinbares Gebäude sah: „Oh, Mama, da war ich schon mal drin. In dem Gebäude war ich, bevor ich damals gestorben bin.“ Tatsächlich war die Mutter dort zum Arzt gegangen, als sie zum ersten Mal schwanger war, also noch vor dem Abgang. 

Das Mädchen war auch in der Lage, seine Erinnerungen an diese Anhaltspunkte bis ins Erwachsenenalter zu behalten, denn als Neil und Elizabeth Carman ihr Buch schrieben, konnten sie diese junge Frau, die mittlerweile in ihren Zwanzigern war, dazu befragen. Dabei schilderte die Frau auch weitere Einzelheiten aus ihrer Erinnerung. Unter anderem erzählte sie, dass sie sich an den Moment der Fehlgeburt erinnern könne. Er habe sich schon früh in der Schwangerschaft ereignet, als sie  erst ein paar Zentimeter groß gewesen sei. Sie erinnerte sich, wie sie in der Dusche aus dem Körper ihrer Mutter fiel, gegen den Abfluss prallte und mit dem Wasser hinabfloss. Sie sagte, das sei der Moment gewesen, in dem die Erfahrung abbrach. Und dann erinnerte sie sich – davon erzählte sie schon als Mädchen – an einen Streit ihrer Eltern. Ihre Mutter hatte das Gefühl, das Baby würde ein Junge werden. Daraufhin begann sie mit ihrem Mann über die Beschneidung zu sprechen. Offenbar hatten die beiden diesbezüglich ganz erhebliche Meinungsverschiedenheiten. Das Kleine bekam irgendwie mit, worüber sich seine Eltern stritten und dass sie sich deshalb sogar scheiden lassen wollten. Und deshalb beschloss es, seine Erfahrung zu beenden und nochmal als Mädchen zurückzukehren, denn damit wäre dieses Thema vom Tisch.

Weil sie beide Eltern für ihre Erfahrung brauchte …

RAWLETTE: So ist es. Damit wären wir wieder bei dem Konzept der Planung. Ich frage mich nur, warum ihr nicht schon vorher jemand geholfen hatte zu erkennen, dass es besser wäre, als Mädchen zu inkarnieren. Das Ganze scheint, aus welchen Gründen auch immer, ein unvollkommener Prozess zu sein. Andererseits kann man nicht immer alles vorhersehen, da wir als Menschen einen freien Willen haben. Vielleicht war nicht absehbar gewesen, dass dieser Streit so bedeutend für alle Beteiligten werden könnte. 

Genau. Das kann außerdem eine wichtige Erkenntnis für Eltern sein, die selbst eine Fehlgeburt erlebten: Möglicherweise ging es um eine Entscheidung der Seele. Wenn wir erkennen, dass auch die Seele des Kindes einen freien Willen hat, dann kann das Schuldgefühle nehmen und möglicherweise die Scham oder den Schmerz lindern.

RAWLETTE: Absolut. Ein weiterer Aspekt dieses Falls war, dass der Mutter dieser Zusammenhang vorher nicht bewusst war. Erst ihre Tochter erzählte ihr, dass der Streit um die Beschneidung der Grund für ihr Gehen war. Die Mutter bestätigte sogar, dass es der Tag nach dem Streit war, an dem sie die Fehlgeburt hatte. Es ist möglich, dass sie deswegen ein schlechtes Gewissen hatte. Vielleicht hatte sie tatsächlich das Gefühl gehabt, ihr emotionaler Stress sei der Auslöser für den Abgang gewesen. Umso schöner war es natürlich erfahren zu können, dass es die Entscheidung des Kindes, also damals ihres Sohnes war. Und das ist sicherlich kein Einzelfall. Dieser Fall sticht zwar durch seine Detailgenauigkeit heraus, aber es gibt noch sehr viele weitere Fälle von Kindern, die sich daran erinnern, fehlgeboren oder abgetrieben worden zu sein, und oftmals trafen sie die Entscheidung zu gehen selbst. 

Manchmal ist es auch die Entscheidung der Mutter, und die Kinder, die abgetrieben worden waren, zeigen dafür später großes Verständnis. Sie haben nämlich begriffen, dass es damals einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt gewesen war. Wenn sich die Tür erneut öffnen soll, kann das gleiche Kind nochmals kommen. Es gibt definitiv zweite Chancen. 

Sehr schön. Es gibt so viele Beweise dafür, dass das Bewusstsein den Tod überlebt. Warum wird das in unserer Gesellschaft immer noch nicht allgemein akzeptiert? Woran liegt das? 

RAWLETTE: Ironischerweise glauben laut Umfragen in den USA und Großbritannien zwischen 60 und 70 Prozent der Menschen an ein Leben nach dem Tod, vielleicht sogar noch mehr. Wie es im deutschsprachigen Raum aussieht, weiß ich nicht sicher. 

Der Glaube an ein Leben nach dem Tod ist also jedenfalls weit verbreitet, es ist lediglich ungewöhnlich für Wissenschaftler, Intellektuelle und Akademiker, darüber zu sprechen. Viele von ihnen glauben insgeheim ebenfalls daran, aber das in akademischen Kreisen zu thematisieren, ist ein Tabu. Ich denke, das hat größtenteils mit der Tatsache zu tun, dass es im Widerspruch zum vorherrschenden materialistischen Paradigma steht. Ein Leben nach dem Tod passt nicht zu den Überzeugungen und Annahmen, auf die wir unsere gesamte wissenschaftliche Forschung stützen. Wenn wir also in der Öffentlichkeit laut über diese Möglichkeit sprechen, dann müssen wir viele Annahmen revidieren. Wir müssen uns plötzlich mit noch viel bedeutenderen Fragen auseinandersetzten, und das stellt eine ziemlich große Herausforderung dar, der sich nicht viele gern stellen wollen. Daher bleibt es ein Tabuthema, das gern als Aberglaube abgestempelt wird – mit dem Verweis: „Würden Sie die Befunde der Wissenschaft besser verstehen, wäre Ihnen klar, dass es kein Leben nach dem Tod gibt.“ Aber so funktioniert Wissenschaft nicht. Die Wissenschaft sagt einem nicht, was möglich und was nicht möglich ist. Oft zeigen ja erst intensivere Forschungen, dass das, was einst als völlig unmöglich galt, doch möglich ist. Neue Technologien und die Forschung in der Quantenmechanik haben gezeigt, dass die Struktur des Universums völlig anders ist als wir jahrhundertelang angenommen hatten. 

Im Grunde genommen erscheint es irrational, wichtige Phänomene nicht ernst zu nehmen, aber so ist nun einmal die Dynamik. In den wichtigen intellektuellen Institutionen gibt es gefestigte Denkstrukturen. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass sich das nach und nach ändern wird, weil immer mehr Menschen erkennen, dass Dinge zwar nicht in unser derzeitiges Paradigma passen mögen, aber dennoch geschehen. Deshalb sollten wir uns der spannenden Aufgabe stellen herauszufinden, wie wir das Paradigma ändern können und die Phänomene begründen, was auch unsere Sicht auf die physikalische Welt revolutionieren wird.

Wir haben zum Beispiel über außerkörperliche Erfahrungen lebender Menschen gesprochen. Wenn wir erst einmal verstehen, wie Erscheinungen von Verstorbenen möglich sind, dann wird uns das auch weiterhelfen, außerkörperliche Erfahrungen bei Lebenden zu verstehen. Es gibt so viel in unserer Welt zu entdecken, und allein diese Tatsache ist sehr aufregend. 

So ist es, und das führt mich zu meiner nächsten Frage: Wenn es wirklich wahr ist, dass Bewusstsein Materie erschafft, was würde das dann für uns Menschen bedeuten? Was wären die Konsequenzen für den Einzelnen, aber auch für das Kollektiv, würde diese Weltanschauung allgemein akzeptiert?

RAWLETTE: Nun, das erste, was mir in den Sinn kommt, ist, dass die Menschen viel vorsichtiger wären, wohin sie ihre Gedanken lenken, weil unser Geist mit der Materie verbunden ist. Es ist in etwa so, wie Sie es formuliert haben: Die physische Welt ist eine Schöpfung unseres Bewusstseins, daher haben wir einen gewissen Einfluss auf die Art und Weise, wie sich die physische Welt um uns herum entwickelt und verändert. Einiges davon zeigt sich in Zufällen, indem uns etwas zu-fällt. Die Dinge, die uns im Guten sowie auch im Schlechten widerfahren, scheinen mit unseren Wünschen, Ängsten und Gedanken im Zusammenhang zu stehen und manifestieren sich in deren Abhängigkeit. 

Die meisten Intellektuellen akzeptieren das nicht und meinen, eine solche Verbindung sei reine Einbildung. Aber wenn wir die Tatsache ernst nehmen, dass sie sehr wohl existiert, dann können wir meiner Meinung nach auch erkennen, dass wir mehr Macht haben als uns bewusst ist, was ebenso ermutigend wie ernüchternd erscheinen mag. Denn wir wissen gar nicht, dass wir diese Macht kanalisieren und zu unserem Wohl lenken sollen, und dennoch reagiert die äußere Welt auf unsere innersten Hoffnungen und Wünsche. Es ist also eine ermutigende und zugleich auch etwas ernüchternde Erkenntnis, dass das, was in uns vorgeht, derart mächtig ist. Unsere Gedanken bestehen ja nicht immer aus Licht und Liebe. Manchmal sind wir auch sehr wütend, ob auf uns selbst oder auf andere, und auch das kann Auswirkungen in der physischen Welt haben. Sobald wir diese Verbindung erkannt haben, ist ein verantwortungsvoller Umgang mit unseren Gedanken unabdingbar. Man ist nicht nur für seine Handlungen verantwortlich, sondern auch dafür, wie man denkt und empfindet, denn auch das hat reale Auswirkungen.

„Der Geist steht über der Materie“ – das sagen viele Leute. Ich meine, es liegt an der Zeitspanne zwischen unseren Gedanken und der tatsächlichen Manifestation, die uns so unvorsichtig denken lässt. Stellen Sie sich vor, wir würden an einen Elefanten denken und er würde sofort erscheinen. Ohne diese Zeitverzögerung würden wir unsere Gedanken sicherlich mit mehr Bedacht wählen, aber so funktioniert das nicht in der physischen Welt. Es muss eine gewisse Zeit vergehen, bis etwas in Erscheinung tritt. Daher stimme ich ihnen zu – wir sollten viel vorsichtiger sein!

RAWLETTE: Ja, außerdem glaube ich, dass es da Leute auf der anderen Seite gibt, die auf uns aufpassen. Manchmal wird die physische Existenz – so habe ich das schon gehört – als eine Art Laufstall bezeichnet. Man hat zwar einen gewissen Einfluss auf die Welt rundum, kann aber seine Fähigkeiten doch nur bis zu einem gewissen Grad nutzen. Das dient zu unserem eigenen Schutz und um sicherzustellen, dass nichts geschieht, was unserem höheren Wohl oder dem Wohl anderer zuwider läuft.

Womit ich zu meiner letzten Frage komme: In Ihrem Buch erwähnen Sie auch die Super-Psi-Hyphothese. Würden Sie diese bitte kurz erklären? 

RAWLETTE: Gerne. Die Super-Psi-Hypothese, die manchmal auch als Living-Agent-Psi-Hypothese bezeichnet wird, stellt eine alternative Erklärungsmöglichkeit für Phänomene der Dritte-Person-Perspektive dar, wie zum Beispiel Erscheinungen und Medialität. Die Hypothese besagt, dass die Phänomene durch die übersinnlichen Fähigkeiten lebender Menschen hervorgerufen werden. Nehmen wir an, Sie sehen eine Erscheinung ihrer Großmutter, die ihnen etwas erzählt, was Ihnen in Zukunft widerfahren wird. Sie nehmen das nun als evident und behaupten: Es war tatsächlich meine Großmutter. Das war keine Einbildung, denn sie gab mir Informationen über die Zukunft, von denen ich nicht hätte wissen können.

Aber im Hinblick darauf, dass Menschen auch unbewusst über übersinnliche Fähigkeiten verfügen, könnten Sie auch fragen: Nun, wäre es nicht auch möglich, dass ich mir unbewusst Zugang zu dieser Zukunftsinformation verschafft habe und mein Unterbewusstsein mir meine Großmutter als Auskunftsperson präsentiert hat? Es war vielleicht nicht wirklich meine Großmutter!

Die Living-Agent-Psi-Hypothese kann als Erklärung für viele der Dritte-Person-Phänomene genutzt werden. Vor allem im Zusammenhang mit der Medialität wird sie häufig angeführt, denn Medien verfügen ja über ein hohes Maß an übersinnlichen Fähigkeiten, um mit Verstorbenen zu kommunizieren. Doch warum annehmen, dass sie wirklich mit Menschen auf der anderen Seite in Kontakt sind? Es könnte ja sein, dass sie ihre übersinnlichen Fähigkeiten nutzen, um Informationen zu sammeln und sie dann in Form der Kommunikation mit einem verstorbenen Menschen zum Ausdruck bringen, obwohl dieser nicht mehr wirklich existiert. 

Diese Hypothese müssen wir definitiv in Betracht ziehen. Denn immerhin sind wir alle auf der Suche nach der Wahrheit, und es stimmt ja, dass der Geist über viele Kräfte verfügt, die dem Menschen nicht unbedingt bewusst sind. Gibt es also irgendwelche Beweise dafür, dass mediale Botschaften keine selbstgeschaffenen Illusionen sind? Meiner Meinung nach gibt es sie, und die wichtigsten sind wechselseitige Erscheinungen und wechselseitige Träume, sowie Erinnerungen an die Zeit zwischen den Leben, die oft auch beinhalten, dass man jemandem im Traum oder anders erschienen ist. Denn sobald so jemand sich selbst an die Erscheinung erinnert, widerlegt das die Hypothese, es handle sich um eine Vorstellung des Unterbewusstseins. Die Enkelin hatte nicht nur die Illusion von der Erscheinung ihrer Großmutter, wenn diese selbst bestätigen kann, mit ihr gesprochen zu haben. 

Erinnerungen an die Zeit zwischen den Leben und auch Nahtoderfahrungen zeigen, dass das Bewusstsein auch ohne den physischen Körper fortbesteht. Es ist zwar grundsätzlich denkbar, dass wir diese Simulationen für uns selbst erschaffen, aber es gibt eben ausgezeichnete Fallbeispiele dafür, die dem widersprechen und nahe legen, dass ein dauerhaftes Bewusstsein außerhalb des Körpers existiert und dass es manchmal mit uns kommunizieren kann. Es ist wichtig, die Super-Psi-Hyphothese zu verstehen, aber meines Erachtens zeigt die Praxis, dass damit nicht alle Fälle erklärt werden können. 

Ich habe den Eindruck, die Hypothese deutet doch irgendwie darauf hin, dass das Bewusstsein über den Tod hinausgeht, denn übersinnliche Fähigkeiten implizieren an sich irgendwie, dass es mehr als das Physische gibt. 

RAWLETTE: Nun, es gibt einige Leute die sagen würden: „Ja, es könnte sein, dass übersinnliche Fähigkeiten irgendwie Zeit und Raum überbrücken, aber sie können nur deshalb existieren, weil das Gehirn existiert. Es ist das Gehirn, das übersinnlich und mit dem Rest der Welt verbunden ist, und wenn es stirbt, dann vergehen damit auch die übersinnlichen Fähigkeiten.“ Ich persönlich glaube auf Grund der vorhandenen Belege nicht, dass das stimmt. 

Nehmen wir die Nahtoderfahrung von Pamela Reynolds als Beispiel. Man hatte ihre Gehirnaktivität während ihrer Operation beobachtet und festgestellt, dass es keine Gehirnaktivität gibt. Es gab nicht einmal eine Reaktion ihres Hirnstamms auf all die lauten Geräusche, die ihr über Kopfhörer zugespielt wurden. Ihr Gehirn zeigte keinerlei Reaktion, und doch war sie in der Lage, das, was während dieser Zeit im OP geschah, wahrzunehmen. Also ergibt es keinen Sinn zu sagen, das Übersinnliche existiere nur in den Gehirnzellen und sobald diese nicht mehr arbeiteten, gäbe es auch das Übersinnliche nicht mehr.

Wir sollten das derzeitige Paradigma komplett hinter uns lassen und uns dazu bekennen, dass das Übersinnliche weder im Hirn noch in den Neuronen verortet ist. Es ist etwas viel Größeren, das mit ihrem Gehirn kommuniziert, etwas, das bestehen bleibt, selbst wenn das Gehirn runterfährt und nicht mehr funktioniert. 

Dr. Rawlette, gibt es noch etwas, das Sie gerne von Ihrer Seite aus äußern möchten?

RAWLETTE: Ich würde gerne noch etwas zu den Nahtoderfahrungen sagen. Alle Fälle, bei denen Menschen keine Gehirnaktivitäten, jedoch verifizierte Wahrnehmungen hatten, sind von großer Bedeutung. 

Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, auf die nicht verifizierbaren Botschaften Nahtoderfahrener zu hören, also auf die Beobachtungen, die nicht die physische Welt betreffen, sondern mit einer anderen Dimension zu tun haben. Wir können sie zwar nicht überprüfen, weil es schlicht und einfach keine Möglichkeit gibt sie zu verifizieren, aber wir sollten es schätzen, dass diese Menschen in eine Welt, Dimension oder Erfahrung eingeweiht wurden, die die meisten von uns nicht erleben konnten, oder an die wir uns nicht mehr erinnern können. 

Ihren Beschreibungen zufolge ist das Leben dort vollkommen anders als unser Leben hier, und es ist nicht einfach nur anders, sondern viel umfangreicher. Wir hatten bereits darüber gesprochen. Die Sinneswahrnehmungen sind viel detaillierter und intensiver. Antworten auf Fragen werden unmittelbar wahrgenommen. Sobald man an jemanden denkt, ist man plötzlich bei dieser Person. 

Solche Schilderungen sind noch viel entscheidender als die verifizierbaren Aussagen von Nahtoderfahrenen. Denn sie zeigen uns, dass es da wirklich etwas gibt, dass da etwas weit über Halluzinationen hinausgeht. 

Wir sollten uns anhören, was diese Menschen über das höhere Bewusstsein erzählen können. Ich denke, dass wir dadurch auch Hinweise darauf bekommen, wohin sich unsere Bewusstseinsforschung zukünftig entwickeln sollte. 

Wir müssen ein neues Paradigma fördern und mit Menschen sprechen, die sich an etwas erinnern, die dieses erweiterte Bewusstsein erlebt haben. Und wir sollten uns davon leiten lassen. 

Dr. Rawlette, vielen Dank dafür, dass Sie sich die Zeit für Thanatos genommen haben. Herzlichen Dank für dieses beeindruckende Gespräch. 

RAWLETTE: Vielen Dank, es war mir wirklich eine Freude.

 

Interview: Alexandra Grasmik
Übersetzung: Alexandra Grasmik
Redaktion: Werner Huemer

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