Soul: Nahtoderleben à la Disney-Pixar

Der aktuelle computeranimierte Trickfilm, den Disney Ende Dezember 2020 auf Disney+ veröffentlicht hat, thematisiert auf originelle und unterhaltsame Weise das Phänomen der Nahtoderfahrung.

Zugleich wirft er die Frage auf, woher die Seelen auf die Erde kommen und wohin sie nach dem Tode gehen. So ist auch der Titel, „Soul“, doppeldeutig: Einerseits bezeichnet er die Hauptströmung der afroamerikanischen Unterhaltungsmusik, andererseits die „Seele“, also den immateriellen Wesenskern von Mensch und Tier. Im Film geht es um beides:

Tunnelerlebnis

Joe Gardner ist leidenschaftlicher, aber bislang wenig erfolgreicher Jazzmusiker. Während er als schlecht bezahlter Musiklehrer ein unbefriedigendes Dasein fristet und sich von seiner Mutter aushalten lässt, träumt er von seinem großen Durchbruch. Just an dem Tag, der die Chance seines Lebens werden könnte – er darf einspringen und an der Seite der Jazzlegende Dorothea Williams in einem namhaften Club auftreten –, erleidet er einen lebensgefährlichen Unfall. Sein Körper liegt jetzt im Krankenhaus im Koma, er selbst aber findet sich in einer Art Tunnel wieder, der ins Licht führt. Joe Gardner weiß: Von dort gibt es für ihn kein Zurück zur Erde mehr, und die Chance seines Lebens ist damit vertan. In Panik bricht er aus dem Tunnel aus und gelangt in eine Region, die im Film als „Davorseits“ bezeichnet wird: Hier werden die Seelen der noch ungeborenen Kinder von eigenartig gestaltlosen „Wesen“ auf ihr Erdenleben vorbereitet.

Astralwelt

Aufgrund einer Verwechslung wird Joe nun zum „Mentor“ von 22, einer noch ungeborenen Seele mit einer eher trüben Sicht auf das Leben, die sich hartnäckig weigert, auf Erden geboren zu werden. Mit ihrer Hilfe hofft der verhinderte Musiker, sich irgendwie wieder in seinen Körper zurückschleichen und so den Termin mit Dorothea Williams doch noch retten zu können. Tatsächlich gelingt ihm das mit Hilfe einiger Mystiker, die sich ebenfalls in dieser der Erde benachbarten jenseitigen Region tummeln, doch kommt es dabei leider zu einem folgenschweren Missgeschick: In Joe Gardners Körper landet Seele Nr. 22, er selbst aber im Körper einer Katze, die in dem Spital als Therapiekatze verwendet wird!

Bedeutende Erkenntnis

Es folgt ein Wettlauf gegen die Zeit mit allerhand komischen Verwicklungen, und sowohl die Katze als auch Joe Gardner sterben ein zweites Mal. Am Ende ist 22 bereit, den Weg zur Erde anzutreten. Joe Gardner aber erkennt, dass Jazz nur ein Teil des Lebens ist und dass es Größeres und Bedeutenderes gibt, als auf der Erde seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. Er fühlt sich nun bereit für den Gang ins Jenseits, erhält aber eine zweite Chance und darf sein Erdenleben fortsetzen.

Fazit: Dass mit der Animationskunst von Pixar jetzt sogar das Sterben komisch wird, ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber irgendwie auch weise. Ein absolut empfehlenswerter Film!

Simon A. Epptaler

Ein Gedanke zu “Soul: Nahtoderleben à la Disney-Pixar

  1. Ich hab‘ diesen neuesten Pixar/Disney-Film sehr genossen und fand die unterhaltsame Erzählform und computeranimierte Umsetzung der ansonsten natürlich eher ernst konnotierten Themen Tod/Sterben/Nahtoderfahrung äußerst gelungen! Auch solch humorige Details wie z.B. der stets gleiche Vorname „Jerry“ aller „Counselor“ oder das Porträtieren von Joe Gardners Alltag zeigt mir erneut, mit welcher Liebe zum Detail und fast schon Akribie Pixar sich jeweils dem im Film erzählten Thema annähern. Es soll ein Zitat eines führenden Disney–Mitarbeiters kursieren, der über Pixar einmal sagte, sie würden den Geist Disneys sogar besser einfangen als es Disney selbst bis dahin gelungen war. Und genau diesen Anspruch scheinen mir die Macher auch bei diesem jüngsten Werk wieder eingelöst zu haben, das für mich so viele liebenswerte und unterhaltsamen Facetten und Details präsentiert, dass auch „erwachsene Kinder“ sich wie selbige darüber freuen können. Mir erging es jedenfalls so. (und eben gerade die leichte Erzählweise… war ja aufgrund des Themas eine Gratwanderung, die m.E. hervorragend gelungen ist! Unbedingte Empfehlung für alle Altersgruppen)

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