Höhere Dimensionen – oder: Die Suche nach dem Jenseits

Für religiös orientierte, idealistisch gesinnte Menschen ist klar: Was ihnen die körperlichen Sinne vermitteln, ist nur ein Teil der großen Gesamtheit, die als „Welt“ bezeichnet wird. Neben der physischen Wirklichkeit muss es höhere Dimensionen geben, ein Jenseits, in dem die Seele nach dem Tod weiterleben kann. Manche bezeichnen diese nicht-physische Wirklichkeit als „Licht“, andere als „Reich Gottes“ oder als „geistige Welt“.

Indes erscheint es streng naturwissenschaftlich orientierten Menschen alles andere als selbstverständlich, dass irgendwelche höheren Dimensionen existieren. Sie lehnen es ab, ihr Weltbild an konfessionellen Überlieferungen oder haltlosen Ideen festzumachen und wollen nur akzeptieren, was objektiv beweisbar ist. Und ein Jenseits wurde wohl noch nie bewiesen, oder? Dementsprechend erscheint den Materialisten die Vorstellung eines Weiterlebens nach dem körperlichen Tod zwar als netter, vielleicht auch beruhigender, aber letztlich doch nicht mehr zeitgemäßer Glaube.

Aber muss diese unversöhnliche Trennung zwangsläufig sein – dort die Welt des Glaubens, hier die Realität wissenschaftlicher Erkenntnis? Oder liegt im Thema „höhere Dimensionen“ das Potential für eine Wiederannäherung von Religion und Naturwissenschaft?

Dieser spannenden Frage, die bei näherer Betrachtung viel Geheimnisvolles birgt, wollen wir uns im Folgenden aus zwei Blickwinkeln näheren, einem objektiven und einem subjektiven. Objektiv im Sinne des naturwissenschaftlichen Weltbildes, und subjektiv im Hinblick auf persönliche Erfahrungen, die jeder Mensch macht, die aber durch Experimente oder Studien trotzdem nicht erfasst werden können.

 

Die Suche nach der „Weltformel“
Seit vielleicht zwei Jahrtausenden versuchen Menschen, die Gesetze der Welt, in der sie leben, zu ergründen. Der Homo sapiens will sich offenbar nicht damit abfinden, irgendwelchen Zufällen oder unergründlichen höheren Mächten ausgeliefert zu sein und sucht nach den Zusammenhängen, die das Weltgeschehen bestimmen.

Mit Erfolg. Nachdem schon in der Antike Wirkungsprinzipien der Natur erkannt oder vermutet wurden, gelang es der Physik vor allem in den vergangenen 200 Jahren, entscheidende Gesetzmäßigkeiten zu beschreiben. Heute gilt als gesichert, dass sich alle Erscheinungen im Universum, die uns unsere fünf Sinne vermitteln, auf nur vier Kräfte zurückführen lassen. Diese werden bezeichnet als elektromagnetische Kraft (sie liegt unter anderem der Elektrizität und dem Magnetismus zugrunde), starke Kernkraft (sie lässt die Sterne – auch unsere Sonne – leuchten und wärmend strahlen), schwache Kernkraft (sie ist für den radioaktiven Zerfall verantwortlich) und Gravitationskraft (sie hält unter anderem die Planeten auf ihren Umlaufbahnen um die Sonnen und hält die Galaxien zusammen).

Diese vier Kräfte sind mathematisch gut beschrieben und zeigen in Summe, dass die Welt – und damit natürlich auch der Mensch selbst –, von berechenbaren Wirkungsprinzipien regiert wird, die zur Gestaltung des Lebens nutzbringend angewendet werden können, sobald sie einmal erkannt wurden. Das beweisen alle technologischen Entwicklungen.

Aber es gibt ein Problem: Während die Welt ja erlebbar ein großes Ganzes ist, in dem alles wechselwirkend in Beziehung miteinander steht, wurde bis heute keine Möglichkeit gefunden, die vier bekannten physikalischen Kräfte zu einer einzigen „Weltformel“ zu vereinigen. An dieser reizvollen Aufgabe hat sich schon Albert Einstein die Zähne ausgebissen – und bis heute auch alle theoretischen Physiker nach ihm.

Damit kann man sich nun freilich einfach abfinden (das ist naturwissenschaftlicher Alltag) – oder aber man betrachtet die Unvereinbarkeit als Beleg dafür, dass für eine vollständige Beschreibung der Welt noch etwas Entscheidendes fehlt. Anders formuliert: Dass die Welt, in der wir leben, mehr umfasst, als bisher wissenschaftlich beschrieben werden konnte.

 

Die Physik der unsichtbaren Dimensionen
Hier könnte nun die „Physik der unsichtbaren Dimensionen“ ins Spiel kommen, wie der prominente US-amerikanische Physiker und Autor Michio Kaku eines seiner bekanntesten populärwissenschaftlichen Werke nannte.

Kaku schildert in diesem lesenswerten Buch zunächst die wichtigste Grundlage für unsere Vorstellung von „Raum“: die Geometrie des altgriechischen Mathematikers Euklid (ca. 3. Jahrhundert vor Christus), der zufolge jeder Körper drei Dimensionen umfasst – Länge, Breite und Höhe. Etwas anderes – eine vierte, fünfte oder weitere räumliche Dimension – können wir uns schon deshalb nicht vorstellen, weil unsere Sinnesorgane und auch unser Gehirn ganz auf das Erfassen von drei Dimensionen ausgerichtet sind.

Dennoch gab es immer wieder Denker und Forscher, die es für möglich hielten, dass es über Länge, Breite und Höhe hinaus tatsächlich noch weitere räumliche Dimensionen gibt. Vor allem deshalb, weil sie mathematisch beschrieben werden können.

Ein besonders genialer Denker, der erfolgreich an einer Theorie höherer Dimensionen arbeitete, war der deutsche Mathematiker Bernhard Riemann (1826–1866). Eine seiner theoretischen Arbeiten, die Mitte des 19. Jahrhunderts großes Aufsehen erregten, bezeichnet Michio Kaku rückblickend als „eine der wichtigsten Vorlesungen in der Geschichte der Mathematik“.

Tatsächlich gelang es Riemann unter anderem, die euklidische Geometrie so zu erweitern, dass auch gekrümmte oder höherdimensionale Räume mathematisch beschrieben werden können.

Natürlich bleibt die grundsätzliche Frage offen, ob das, was in Gleichungen und Formeln zum Ausdruck kommt, immer auch ein Abbild der Realität ist.

Denken wir beispielsweise an den berühmten Lehrsatz des Pythagoras (a2 + b2 = c2). Dieser gilt bekanntlich für zwei Dimensionen (Dreieck), kann aber ohne weiteres auf drei Dimensionen (Würfel) erweitert werden: a2 + b + c = d2 (d ist die Länge einer Diagonale in einem Würfel). Und ebenso ist es mit einer entsprechenden Erweiterung der gleichen Formel möglich, mathematisch einen „Hyperwürfel“ zu beschreiben, also ein Gebilde mit mehr als drei Raumdimensionen.

Aber gibt es den Hyperraum tatsächlich, nur weil Formeln für ihn entwickeln werden können?

Über die Frage, welchen Realitätswert mathematische Lösungen haben, wurde schon viel nachgedacht. Denn einerseits lässt die Mathematik nicht unmittelbar erkennen, ob errechnete Gegebenheiten tatsächlich existieren oder nicht. Andererseits hat sich immer wieder gezeigt, dass im Voraus entwickelte mathematische Strukturen später erfolgreich in physikalischen Theorien eingesetzt werden konnten.

Michio Kaku weist jedenfalls darauf hin, dass die Annahme eines höherdimensionalen Raums das Verständnis der Naturgesetze vereinfachen würde. Schon Riemann habe zeigen können, dass Elektrizität, Magnetismus und Gravitation nur Effekte seien, „die durch Knittern oder Verwerfung des Hyperraums hervorgerufen“ werden. Und wenn die heutige Physik nach der „Weltformel“ suche, so könne das Miteinbeziehen höherer Raumdimensionen den Weg zur dieser Formel ebnen.

Wir müssten demnach – im wahrsten Sinn des Wortes – damit rechnen, dass die Gesamtheit der Welt mehr umfasst, als die körperlichen Sinne uns vermitteln können.

 

Die Dimension der „Innenwelt“
Bemerkenswert ist, dass wir Menschen ja auch mehr erleben, als nur das, was die fünf Sinne uns vermitteln. Damit kommen wir zum subjektiven Aspekt höherer Dimensionen.

Dass wir die Welt bewusst erfahren, über sie nachdenken, Erinnerungen „in uns“ tragen oder Zukunftspläne schmieden können, gehört zu den Alltags-Gegebenheiten, die so selbstverständlich sind, dass wir kaum einmal tiefer darüber nachdenken. Üblicherweise werden diese Fähigkeiten einfach dem Gehirn zugeschrieben, dem zentralen Steuerorgan des Körpers. Hier werden bekanntlich alle Sinneseindrücke verarbeitet und in einen sinnvollen Zusammenhang gebettet.

Der Prozess des Erkennens von Gegebenheiten und der Weiterverwendung von Informationen wird seit einigen Jahrzehnten immer detailreicher auch technisch nachgebaut. Die so entstandenen „künstlichen Intelligenzen“ sind schon heute aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken und werden künftig wohl eine noch viel größere Rolle spielen. Sie reichen von einfachen Steuerungsmechanismen in Maschinen über die Spracherkennung, die die Arbeit mit Computern erleichtert, bis hin zu selbstfahrenden Autos oder autonom entscheidenden Robotern. Über die Möglichkeiten und Gefahren der „KI“, die einzelne vergleichbare menschliche Fähigkeiten in vielen Bereichen bereits weit in den Schatten stellt, wird deshalb viel diskutiert.

Dennoch gibt es einen himmelweiten Unterschied zwischen Mensch und Maschine. Dort und da, im Gehirn wie in den Schaltkreisen eines Computers, werden Informationen verarbeitet, dort und da zeigt sich Intelligenz. Aber nur der Mensch erlebt Bewusstsein und eine eigene Innenwelt.

Diese Begriffe beschreiben etwas, das die sinnliche Wahrnehmung sprengt. So selbstverständlich sie zu unserem Leben gehören, so unmöglich ist es, sie wissenschaftlich zu erfassen oder technisch nachzubilden.

Wie entsteht das Erleben eines „Ichs“? Was ist das Wesen unseres Bewusstseins? Woher stammen diese Innenaspekte des Menschseins, die sogenannten Qualia, die sich einer befriedigenden naturwissenschaftlichen Beschreibung so konsequent entziehen?

Es ist heute möglich, das Neuronenfeuer im Gehirn auf dem Bildschirm zu beobachten. Gedanken können in Signale umgesetzt werden, die der Steuerung von Prothesen oder Computersystemen dienen. Und viele ungewöhnliche Krankengeschichten haben gezeigt, wie sich Persönlichkeitsstrukturen durch chemische Prozesse oder chirurgische Eingriffe im Gehirn verändern. Dass es also Zusammenhänge zwischen der komplexen Masse unter unserer Schädeldecke und dem Bewusstsein gibt, liegt auf der Hand.

Dennoch ist völlig unklar, wie aus Materie das Erleben von Freude und Leid entstehen kann, die inneren Bilder, Töne oder Gerüche, die unser Denken und Empfinden prägen, die Hoffnungen und Erinnerungen, all das, was unser Menschsein qualitativ auszeichnet.

Die Frage nach dem Bewusstsein blieb trotz aller Fortschritte in der Erforschung des Gehirns das große Rätsel. Niemand weiß, wie es entsteht, und die Frage, ob das „Königsorgan“ des Menschen Bewusstsein erzeugt oder lediglich – einem Sender-Empfänger gleich – ein bereits geistig eigenständiges Bewusstsein vermittelt („Transmissionshypothese“), ist nach wie vor offen.

Fest steht, dass uns Menschen eine qualitative Dimension auszeichnet, die mit den körperlichen Sinnen nicht wahrgenommen und nur in ihren Auswirkungen – etwa anhand der Gehirnströme – gemessen werden kann.

Wie weitreichend diese Dimension, die traditionell als das „Seelische“ oder „Geistige“ bezeichnet wird, die Gesamtheit Mensch prägt und beeinflusst, ist umstritten. Aber längst ist klar, dass sie in der Entstehung und auch in der Heilung von Krankheiten eine zentrale, vielleicht die zentrale Rolle spielt. Ein Beleg dafür ist beispielsweise der sogenannte Placebo-Effekt.

Fazit: Ebenso, wie wir annehmen können, dass zur Welt in ihrer Gesamtheit höhere räumliche Dimensionen gehören, scheint auch die Innenwelt des Menschen auf zusätzliche Dimensionen hinzuweisen.

Die Frage ist nun, ob es hier einen Zusammenhang gibt.

 

Die Welt der Geister und des Geistes
Der Rückblick in das 19. und 20. Jahrhundert zeigt, dass die Annahme höherer räumlicher Dimensionen für die wissenschaftliche Arbeit praktisch keine Bedeutung hatte. Experimentelle Belege dafür, dass solche Dimensionen tatsächlich bestehen, wurden nicht gefunden und auch kaum gesucht.

Primär waren es vor allem Philosophen, Künstler und Esoteriker, die mit dem Gedanken einer vierten oder fünften Dimension (wenn man, Albert Einstein folgend, die Zeit als die vierte betrachtet) spielten. Ihnen schien es naheliegend, dass das, was in uns „jenseits der fünf Sinne“ liegt, also die Welt des Seelisch-Geistigen, eins mit der von Mathematikern postulierten höheren Dimension sein muss. So wurde um die Jahrhundertwende (19./20. Jahrhundert), als sich auch Wissenschaftler noch unbefangener mit dem Spiritismus oder mit Spukphänomenen beschäftigten, der Begriff der „vierten Dimension“ zum Synonym für die Geister- oder Jenseitswelt.

Aber nach und nach gerieten praktisch alle Forschungen in diesen Grenzbereichen in Misskredit. Denn zahlreiche Phänomene, die vermeintlich – zum Teil von angesehenen Wissenschaftlern bestätigt – aus dem Kontakt mit „höheren Welten“ resultierten, wurden später als Tricks entlarvt. Und so wagte es bald kaum noch ein auf seinen guten Ruf bedachter Forscher, sich mit der „Welt der Geister“ zu befassen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Dennoch gab es auch im 20. Jahrhundert Wissenschaftler, die den Gedanken an höhere Dimensionen aufnahmen und weiterentwickelten. Zu ihnen gehörte der deutsche Physiker Burkhard Heim (1925–2001). Er postulierte, mathematisch belegt, eine 6-dimensionale Welt, in der die 5. und die 6. Dimension qualitativen Charakter haben. Sie prägen die Gesamtheit der Welt organisierend und zielführend und umfassen auch das seelische Innenleben des Menschen. Dieser ist nach Heim ein unsterbliches Wesen, dessen geistiges Bewusstsein den „Transbereichen“ jenseits von Raum und Zeit angehört.

Auch die vor allem zu Beginn des 21. Jahrhunderts viel diskutierte String-Theorie geht von höheren Dimensionen aus. Demnach umfasst das Raum-Zeit-Gefüge der Welt nicht vier, sondern insgesamt zehn Dimensionen. Michio Kaku, einer der prominenten Vertreter dieser Theorie, meint, dass eine so gestaltete Welt nicht nur durch eine einheitliche Formel beschrieben werden kann, sondern dass darin auch Dinge möglich sein müssten, die wir bisher nur aus Science-Fiction-Filmen und -Romanen kennen: Zeitreisen und Paralleluniversen beispielsweise.

Anregungen zur Erweiterung des naturwissenschaftlichen Weltbildes über das Mess- und Beweisbare hinaus kamen in den letzten Jahrzehnten auch aus der Quantenphilosophie. Diese versucht, die Bedeutung des Bewusstseins, dem in der Naturwissenschaft üblicherweise ja keine zentrale Rolle zugeschrieben wird, stärker ins Blickfeld zu rücken.

Seit durch physikalische Experimente im Quantenbereich, also in der Welt des Kleinsten, deutlich wurde, dass Messungen das Messergebnis beeinflussen können, dass der Beobachter sozusagen das Beobachtete mit formt, steht die Frage im Raum, welche Bedeutung Bewusstsein im Weltgetriebe hat.

Fest steht, dass wir ohne diesen „Innenaspekt“ von der Welt nichts wissen könnten, dass wir nicht beobachten und auch kein Weltbild entwickeln könnten … weil es gar kein „Wir“ gäbe, das irgend etwas wissen könnte.

Für einige Quantenphilosophen steht deshalb das Bewusstsein im Mittelpunkt der Weltbetrachtung, was sie zum weit reichenden Schluss führt, dass „das menschliche Bewusstsein Realität erschafft“.

Steht das Bewusstsein, steht der Geist tatsächlich im Zentrum von allem? Dient die gesamte vierdimensionale Welt, deren Raum-Zeit-Gefüge der Mensch als Vergänglichkeit erlebt und die, für sich betrachtet, zufallsbestimmt, ohne Sinn und Ziel erscheint, in Wirklichkeit der Entwicklung des Unvergänglichen, des sinn- und zielorientierten Geistes? Eines immateriellen menschlichen Wesenskerns, der seine Spuren in der Kulturgeschichte hinterlässt und sich fortwährend kreativ entwickelt?

Werden am Ende des Tages alte Weisheitslehren, religiöse Überlieferungen und naturwissenschaftliche Forschungen einander doch wieder treffen?

Wo endet die Spekulation, wo beginnt die Wirklichkeit?

 

Nahtoderlebnisse und das Jenseits in uns
In der Naturwissenschaft gibt es derzeit keine Tendenzen, die Möglichkeit höherer oder unsichtbarer Dimensionen ernsthaft in Betracht zu ziehen. In absehbarer Zeit dürfte sich daran auch nichts ändern.

Indes erhielt die Suche nach einem – wie auch immer gearteten – „Jenseits der fünf Sinne“ in den vergangenen Jahren aus ganz anderer Richtung Auftrieb, nämlich durch die Erforschung der sogenannten Nahtoderlebnisse, die weltweit zu Zehntausenden dokumentiert wurden.

Bereits seit einigen Jahrzehnten halten Thanatologen (meist Ärzte oder Psychologen) in Studien fest, was Menschen in Todesnähe erleben. Der Vergleich solcher Schilderungen aus vielen Ländern verdeutlichte überraschenderweise, dass unabhängig von religiöser oder sozialer Zugehörigkeit, unabhängig auch von Alter, Rasse oder Geschlecht ähnliche Gegebenheiten erfahren werden.

Diese Nahtoderlebnisse (NTE) waren und sind deshalb Gegenstand intensiver Forschungen. So konnte der niederländische Kardiologe und Sterbeforscher Pim van Lommel in einer umfangreichen Studie zeigen, dass auch nachweislich klinisch tote Patienten, bei denen also keine Gehirntätigkeit mehr feststellbar ist, solche Erlebnisse haben. Seine weitreichende Schlussfolgerung: Bewusstsein kann auch außerhalb des Körpers bestehen. Das Gehirn erzeugt offenbar das Bewusstsein nicht, sondern vermittelt es nur. Van Lommel spricht in seinem gleichnamigen internationalen Bestseller von einem „endlosen Bewusstsein“, das jenseits von Raum und Zeit existiere. In einem Interview formulierte er: „Als Medizinstudenten haben wir gelernt, dass Bewusstsein ein Produkt von Gehirnfunktionen ist. Das ist eine Hypothese, die nie bewiesen wurde. Wir müssen das wieder diskutieren.“

Auch die Religionswissenschaft widmet sich dem Phänomen der Nahtoderlebnisse. Enno Edzard Popkes, Professor für Geschichte und Archäologie des frühen Christentums (Universität Kiel), geht davon aus, dass wesentliche Ursprünge der christlichen Religion Bezüge zu Nahtoderfahrungen haben. Er sieht in solchen „Erfahrungen göttlicher Liebe“ (so der Titel seines Buches zu diesem Thema) auch für die traditionellen Kirchen ein großes Potential und regt dazu an, NTE verstärkt auf wissenschaftlicher Basis interdisziplinär zu diskutieren.

Allerdings: Auf der Grundlage eines ausschließlich materialistischen Weltbildes lassen sich Erfahrungen von einem überirdischen Licht, von unfassbarer Liebe oder einem außerkörperlichen Eins-sein-mit-Allem nicht erklären. Deshalb finden Theorien, die NTE beispielsweise durch Sauerstoffmangel im Gehirn oder körpereigene Drogen erklären wollen, üblicherweise sehr schnell sehr viele Anhänger, so wackelig sie bei näherer Betrachtung auch sein mögen.

Offenbar schätzen wir es, wenn es zur Vermutung, es existierten höhere Dimensionen, ein Jenseits, in dem die Seele weiterlebt, auch möglichst viele Gegenargumente gibt. Die Aussicht auf ein Leben nach dem Tod mag ja willkommen sein; die damit verbundene Verantwortung aber vielleicht nicht so sehr.

Deshalb bleibt die Suche nach höheren Dimensionen spannend. Letztlich wird sie jeden Menschen zurück zu sich selbst führen. Denn der überzeugendste Hinweis auf jenseitige Gegebenheiten lässt sich weder durch wissenschaftliche Theorien noch durch esoterische oder spiritistische Ansätze erbringen.

Er liegt in der Existenz unserer bewussten Innenwelt.

Ein Beitrag von Werner Huemer

 

Literaturhinweis: Ausführlicheres  zum Thema finden Sie in dem Buch „Unsterblich?! – Gute Gründe für ein Leben nach dem Tod“

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